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In der Steinway-Fabrik Vom Holzstamm zum Spitzeninstrument

Begonnen hat die Erfolgsgeschichte von Steinway & Sons im Harz, in einer Küche, wo der Tischler Theodor Steinweg für seine Braut ein Klavier baute. Heute gehören die Flügel der von ihm begründeten Firma zu den begehrtesten der Welt. Und sie werden immer noch ganz von Hand gefertigt.

Die schlechte wirtschaftliche Lage in Deutschland zwingt Theodor Steinweg zur Emigration. In New York gründet der geschäftstüchtige und fleisßige Steinweg, jetzt alias Steinway, mit seinen Söhnen eine Klavierfabrik. Weil das Geschäft gut läuft und sich der europäische Markt logistisch schlecht von den USA bedienen lässt, entsteht in Hamburg eine Dependance von Steinway. Und im Norden der Stadt liegt bis heute, ganz unscheinbar eingebettet zwischen Autohäusern, der alte Klinkerbau von Steinway & Sons. In Handarbeit werden die Flügel hier gebaut.

Streicheln und Polieren

Mit weichen Pinseln und Lappen wird der Flügel in der Endabnahme poliert, fast gestreichelt, bis seine Oberfläche blitzt wie ein Spiegel. Der Weg vom Baum zum schwarz glänzenden, klingenden Instrument ist ein langer. Drei Jahre dauert es, bis aus den Brettern im Holzlager ein Flügel entstanden ist.

Handwerker bei der Arbeit in der Produktionswerkstätte von Flügeln und Klavieren | Bildquelle: picture-alliance/dpa Bildquelle: picture-alliance/dpa Wie geschnitten Brot lagern die Stämme von Buche, Ahorn, Mahagoni, Nadelbäumen und Harthölzern. Klötzchen zwischen den einzelnen Brettern schützen vor Schimmel und Käfern. So kann die Luft hindurch strömen. Nach zwei Jahren haben sie noch eine Restfeuchtigkeit von 15 Prozent. Dann geht es in die Trockenkammer bei 70 Grad und die Rindenreste werden entfernt. Der Rahmen des Flügels, der Rim, besteht aus dünnen Schichten Ahorn und Mahagoni. Die einzelnen Scheiben werden erst dick eingeleimt bis es trieft und dann in einer speziellen Presse zu einem Flügel geformt. Für den Konzertflügel, den D 274, liegen 20 Schichten Holz aufeinander. Spezialwerkzeuge aus der Autoindustrie kommen in der Rimbiegerei zum Einsatz.

100 Tage Ruhepause

Nach der Presse wird dem Rim eine Ruhepause verordnet. 100 Tage erholt sich das Holz im Keller von den Strapazen. Schreiner und Zimmerleute fertigen im Maschinensaal die hölzernen Einzelteile an, von verschnörkelten Füßen, den Klötzen für die Pedale, über Notenpulte bis zum Deckel. Die Seele des Instruments ist der Resonanzboden. In der Bodenmacherei wird das Geheimnis des Steinway-Klanges gehütet: also die Art, wie der Boden aus Einzelteilen gefertigt wird, und die Rezeptur des stinkenden Knochenleims. Nicht geheim ist das Material: Sitka-Fichte aus Alaska und Kanada. Ein, wegen der Kälte, besonders langsam wachsender Nadelbaum, der eine feine Maserung hat. Astlöcher sind für einen astreinen Klang tabu.

Die Gussplatte, auf die später die Stimmwirbel geschraubt werden, ist quasi die Wirbelsäule des Instrumentes. Zunächst mausgrau, wird sie schließlich bronzefarben angesprüht und aufwendig poliert. Nun kommt der spannende Moment - bei Steinway & Sons nennen sie das "Hochzeit": Passen die einzelnen Elemente des Instruments zusammen? Die Gussplatte baumelt bereits an einem Kran über dem Rim. Parallel werden in einer Metallwerkstatt die Saiten angefertigt. Bislang klingt der Flügel noch wie ein altes Western-Klavier. Alle 88 Tasten stehen nach dem Vorregulieren in der richtigen Position, die Hämmer treffen im optimalen Winkel auf die Saiten. 7.000 Einzelteile in der Klaviatur werden mit feinen Feilen, Bohrern, Papierplättchen und mit einer Feuerflamme bearbeitet.

Gehörige Strapazen für das Instrument: die Einpaukmaschine

Handwerker bei der Arbeit in der Produktionswerkstätte von Flügeln und Klavieren | Bildquelle: picture-alliance/dpa Bildquelle: picture-alliance/dpa Ausgerüstet mit Atemschutzmasken und Spezialkleidung besprühen Lackierer die Außenteile des Flügels mit schwarzem Polyester-Lack. Einen Millimeter dick ist die Schicht, die Hälfte davon wird nachher wieder abgeschliffen. Dann kommt die Belastungsprobe: In der sogenannten Einpaukmaschine donnern Metallhämmer über die Tastatur, jede Taste wird 10.000 Mal angespielt! Zum Schluss intonieren vier verschiedene Klaviertechniker den Flügel. Mit feinen Nadeln stechen sie immer wieder in die Filzhämmer. Jeder Ton wird durch drei Saiten erzeugt. Und diese Saiten stellt der Techniker nacheinander ruhig.

Das sind teilweise ganz dicke Saiten - damit können Sie ein Auto abschleppen.

Beim Anspielen hört er nun, ob jede einzelne Saite zur anderen passt. Es ist kein Wunder, dass die Klaviertechniker den Spitznamen "Das Ohr" haben, was sie aber gar nicht gerne hören. Sind alle 88 Töne intoniert und der Flügel hat seinen Klangcharakter bekommen, dann signiert der Techniker einen der beiden Backenklötze neben der Tastatur.

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