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Thomas Hampson erinnert sich an Mariss Jansons "Dieses menschliche, herzerwärmende Lächeln"

Sie standen sich sehr nahe: der Bariton Thomas Hampson und der Dirigent Mariss Jansons. Bis zu Jansons Tod vor zwei Jahren arbeiteten die beiden Weltklassemusiker regelmäßig zusammen und tauschten sich auch freundschaftlich aus. Thomas Hampson erinnert sich an seinen Freund und sein großes Vorbild, Maestro Jansons.

BR-KLASSIK: 2019 starb Mariss Jansons. Was ist Ihre erste Erinnerung an ihn?

Thomas Hampson: Das ist eine schwere Frage, denn ich habe so viele schöne Erinnerungen an ihn. Wahrscheinlich ist es sein Gesichtsausdruck, dieses unfassbar menschliche, wohltuende, herzerwärmende Lächeln. Jedes Mal, wenn wir uns begegnet sind, war es als ob die Sonne aufging.

BR-KLASSIK: Gab es für Sie vielleicht eine Situation, die Mariss Jansons besonders gut charakterisiert?

Thomas Hampson: Er hatte so viel Freude an der Musik! Es war immer ein Genuss – und gleichzeitig auch ein Privileg – mit ihm zu musizieren. Jede seiner Proben war mit großer Neugier verbunden, aber nicht nur Neugier: Es war, als ob er jedes Mal etwas völlig Neues machen würde, egal, wie oft wir im Vorfeld schon geprobt hatten. Es war völlig kar: Jetzt ist Musik. Und wir machen es so frisch, so schön und so ehrlich, wie wir nur können. Und diesen Geist, diesen Spirit von Mariss, den hat jeder geschätzt. Das bleibt sehr stark in meinem Herzen. Und auch für mein eigenes Leben war er sehr motivierend. Ich möchte eben auch so sein wie er: Ich möchte mich immer ehrlich in den Dienst des Komponisten stellen. Und diesen Glauben leben, dass das, was wir tun, wichtiger ist als wir selbst.

Ich möchte auch so sein wie er: Ich möchte mich immer ehrlich in den Dienst des Komponisten stellen.
Thomas Hampson über Mariss Jansons

BR-KLASSIK: Sie haben bei der Verleihung des Ernst von Siemens Musikpreises an Mariss Jansons 2013 die Laudatio gehalten. Diese findet sich auch im Begleitbuch zur unsrer BR-KLASSIK-Edition für Mariss Jansons, bestehend aus 70 CDs. In der Laudatio sprachen sie davon, dass Mariss Jansons‘ Lebenseinstellung als "disziplinierte Leidenschaft und leidenschaftliche Disziplin" zu beschreiben wäre. Woran haben Sie das gemerkt?

v. re.: Marris Jansons und Thomas Hampson.  | Bildquelle: BR/G. Thum Mariss Jansons und Thomas Hampson | Bildquelle: BR/G. Thum

Thomas Hampson: Bei Musikern muss natürlich eine gewisse Disziplin vorhanden sein. Man muss bereit sein, in kleinste Details einzusteigen, um zu verstehen, worum es geht. Musikmachen ist ein Entzifferungsprozess sozusagen. Und das hat Mariss so wahnsinnig gern gemacht. Bei ihm schien das alles so leicht, so selbstverständlich: Alle seine Bewegungen am Pult waren richtig und sahen schön aus, die Orchestermitglieder spielten mit Herz. Doch dahinter lag ein unwahrscheinliches Wissen, sehr detailliertes Denken und viel Vorbereitung auf das, was im Moment des Musizierens passierte. Und das kann nur aus einer großen Leidenschaft entstehen.

BR-KLASSIK: Eine wunderschöne Mischung aus großer Menschlichkeit einerseits und sehr großem Fachwissen auf der anderen Seite.

Thomas Hampson: Das ist eine sehr genaue Beschreibung von Mariss Jansons.

BR-KLASSIK: Welches Vermächtnis hat Mariss Jansons Ihrer Meinung nach für die nachkommende Generation der Künstlerinnen und Künstler hinterlassen?

Thomas Hampson: Jeder, der Mariss gekannt hat oder seine Arbeit genießen durfte, nahm eine freiere, offenere, ehrlichere, vielleicht sogar freundlichere Art zu musizieren mit. Ich habe oft gehört, wie Mariss mit verschiedenen Orchestern kommuniziert hat: Wenn eine Probe zum Beispiel langweilig wurde oder die Stimmung irgendwie nicht ganz gestimmt hat – er hat mit diesem wunderschönen, leicht lächelnden, wissenden Blick die Kollegen angeschaut und gefragt: "Wollt ihr etwas anderes machen? Wollt ihr vielleicht einen anderen Job haben? Wir sind hier, um zu musizieren. Also machen wir das bitte – mit allem, was wir können!" Das waren sehr bedeutende Momente. Und ich glaube, solche Momente tragen wir von Mariss Jansons weiter.

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