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Kritik - "Tosca" in Salzburg Puccini im Kugelhagel

Für die Sängerin Floria Tosca kommt es einem inneren Erdrutsch gleich, wenn sie erkennt, dass ihr Geliebter Cavaradossi tot ist, und keineswegs, wie sie geglaubt hat, nach einer Schein-Exekution mit ihr fliehen kann. Der Frau, die den Polizeichef Scarpia zuvor in Notwehr niedergestochen hat, beschert die Salzburger Neuproduktion von Puccinis Reißer am Schluss aber nicht nur eine einzige Schrecksekunde.

Szene aus "Tosca" bei den Osterfestspielen Salzburg | Bildquelle: OFS/Forster

Bildquelle: OFS/Forster

Die Kritik zum Anhören

Kaum dass Tosca sich den Verlust des Geliebten klar macht, steht doch tatsächlich Scarpia vor ihr! Anders als im Libretto vorgesehen, hat er sich offenbar mit blutender Wunde auf die Engelsburg geschleppt. Sein Hometrainer im Palazzo Farnese erklärt im Nachhinein die Fitness des Mannes. Und was passiert, wenn sich zum ultimativen Showdown Tosca und Scarpia noch einmal gegenüber stehen? Sie erschießt ihn und er sie.

Die Inszenierung in Bildern

Die Inszenierung endet aber nicht nur mit tödlichem Schusswechsel, sie beginnt auch damit. Noch bevor die Musik des ersten Aktes einsetzt, sehen wir, wie mehrere Polizisten im Kugelhagel Angelottis sterben, dem Gefangenen, dem darauf die Flucht gelingt. Vergleichsweise harmlose Überraschungen des Regieteams um Michael Sturminger, Ausstatter Andreas Donhauser und Renate Martin folgen, wenn immer wieder die Kinderstatisterie beschäftigt wird: Der Mesner hält einen Mal- und Zeichenkurs in der Kirche ab, und der sonst so einsame Hirtenjunge zu Anfang des dritten Aktes ist hier einer von mehreren Kindersoldaten, die ihre Treffsicherheit bei Hinrichtungen erproben dürfen - zum Beispiel bei Cavaradossi.

Überragende Titelpartie

Aleksandrs Antonenko stemmt sich durch die Partie, als hätte er wieder  mal den Otello zu bewältigen. Dabei ringt der lettische Tenor redlich, aber vergeblich um ein Charakterporträt. Anders als der Franzose Ludovic Tézier, der den skrupellosen Despoten Scarpia präzise konturiert, vor allem durch vielfältig abgestufte Artikulationsschärfe. Bilder aus den verschlossenen Herzkammern der Seele Toscas beschwört die Gesangskunst von Anja Harteros herauf. Immense Klangfülle entfaltet sich, wo nötig. Das Piano und Pianissimo signalisiert einen völlig verinnerlichten Ausdruck. Jederzeit transportiert wird die Aura einer Frau, die sich bei aller Demütigung ihre Würde nicht nehmen lässt.

Puccinis Instrumentalraffinesse

Und Christian Thielemann? Die dunkel grundierten Farben des Orchesters, das düster Drohende hält er nicht zu Unrecht für ein wesentliches Moment der Instrumentalraffinesse Puccinis. Im Lauten wie im Leisen: Die Sächsische Staatskapelle Dresden darf das Dynamik-Spektrum voll ausschreiten. Bei Thielemanns Tempi fällt auf, mit welch bleiernen Gewichten er mehr und mehr den folgerichtigen Handlungsgang ausbremst - als suchte er nach Auswegen aus den tragischen Verstrickungen des Stücks. Dieser Mühe braucht er sich nächstes Jahr nicht zu unterziehen, denn dann geht’s bei den Salzburger Osterfestspielen  ausnahmsweise komödiantisch zu: Wagnerianer dürfen sich freuen auf "Die Meistersinger von Nürnberg".

Puccinis "Tosca" bei den Osterfestspielen Salzburg

Neuinszenierung von Michael Sturminger
Sächsische Staatskapelle Dresden
Leitung: Christian Thielemann

Infos zu weiteren Terminen sowie zum Vorverkauf finden Sie auf der Homepage der Osterfestspiele Salzburg.

Sendung: Allegro am 26. März 2018 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (4)

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Mittwoch, 04.April, 17:02 Uhr

Alfred Schreiner

Osterfestspiele ADE

Ich schließe mich der Kritik von "Tosca" an.Es ist ein Verbrechen an der Oper,außerdem abscheulich,wenn öffentlich gezeigt wird wie lachende Kinder auf der Bühne morden.Alle Verantwortlichen sollten sich schämen soetwas zuzulassen und den Regisseur von allen zukünftigen Aufgaben entbinden.Leute ,die die Oper umbringen wollen,haben bei uns nichts verloren!!!!

Sonntag, 01.April, 10:24 Uhr

Wolfgang Herold

Tosca Salzburg

Für moderne Inszenierungen alter Opern habe ich kein Verständnis.Abgesehen davon, dass mitunter die Szene nicht mit dem Libretto übereinstimmt,hat man den Eindruck, als wollten die Regisseure das Publikum belehren.Wenn man die Handlung und den Text verändert,ist es zur Veränderung der Musik kein allzuweiter Schritt mehr.Wo soll das Ganze noch enden? Etwa beim Münchener Affen-Rigoletto oder der fast schon ordinären Macbeth-Aufführung?Moderne Inszenierungen ja, aber bitte in modernen Opern.

Samstag, 31.März, 22:13 Uhr

Manfred Kramer

Eine Unszenierung zum fürchten

Warum müssen Kinder zum Erschiessungs Komando werden, schämen Sie sich . Ich bin Puccini Fan? Er würde sch im Grabe umdrehen, es ist entsetzlich

Dienstag, 27.März, 09:58 Uhr

Wolfgang Walter in 65529 Waldems

Tosca Salzburg

Bitte in Zukunft auch die FS Übertragung (z.B am 31. 3.18 auf 3Sat 20:15) hinzufügen .
Danke fürs Ihren super Service auf Ihrer Homepage !!

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