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Kritik Osterfestspiele Salzburg

Die Osterfestspiele Salzburg sind am Montag zu Ende gegangen. Beim Festival drehte sich alles um den englischen Dramatiker William Shakespeare. BR-KLASSIK-Kritiker Jörn Florian Fuchs vermisste echtes Festspielniveau.

Bildquelle: Wolfgang Lienbacher

Salzburger Osterfestspiele

Eine Bilanz von Jörn Florian Fuchs

Luftig beschwingt, aber auch wild rumpelnd ging es los. Die Ouvertüre zu Carl Maria von Webers Oper "Oberon" durchstreifte sämtliche Landschaften aus William Shakespeares "Sommernachtstraum". Der russische Dirigent und Salzburg-Debütant Vladimir Jurowski heizte der Sächsischen Staatskapelle Dresden mächtig ein. So entstand ein schillerndes, oft durchaus schrilles Klanggemälde, das Lust auf mehr machte.

Nach Beethovens 1. Klavierkonzert, mit Rudolf Buchbinder als fein gestaltendem Solisten, folgte Felix Mendelssohn-Bartholdys Sommernachtstraum-Ouvertüre. Auch dies war ein komprimierter Parforceritt voller Ideen und Motive, von den Dresdnern präzise und emphatisch gespielt. Und dann Hans Werner Henzes achte Sinfonie, wiederum ein Stück zum Sommernachtstraum. Henzes Sicht auf den Liebesverwirrer Puck war eine abgründige Spielerei. Der Mittelsatz mischte romantische Bezüge mit vertrackten rhythmischen Gewittern, das Finale aber überraschte am meisten, nämlich durch arg traditionelle Materialverarbeitung und fast ungebrochener Schönheit.

Romeo und Julia waren zu langatmig

Auch Christian Thielemann widmete sich Shakespeare, er dirigierte Peter Tschaikowskys "Romeo und Julia - Fantasieouvertüre". Leider gerieten die 'liebevollen' Passagen arg langatmig und belanglos, der Krach zwischen Montagues und Capulets hingegen eskalierte eher unschön, nämlich unpräzise. Vor Tschaikowskys greller Kurzfassung der berühmten Liebesgeschichte geisterte Beethovens Tripelkonzert durch den Saal. Es ist ohnehin eine merkwürdige Komposition, bei der Violine, Cello und Klavier oft kammermusikalisch keck zusammenarbeiten, während das Orchester zum bisweilen fast unscheinbaren Begleiter mutiert. Die Staatskapelle hielt sich besonders vornehm zurück, anfängliche Tutti tönten außerdem etwas breiig. Anne-Sophie Mutter lieferte mal sehr direkte, dann wieder leicht distanzierte, fast kühle Geigentöne. Yefim Bronfman stürzte sich munter begeistert ins Piano-Geschehen. Und Lynn Harrells Cellospiel beeindruckte mehr durch impulsive Körpersprache denn durch saubere Intonation. Erst bei Franz Liszts Symphonischer Dichtung "Les Preludes" gab es wirkliches Festspielniveau.

Ein virtuoses Überwältigungstheater

Christian Thielemann und die Sächsische Staatskapelle brachten gemeinsam mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks im Rahmen der diesjährigen Osterfestspiele auch Beethovens "Missa solemnis" auf die Bühne. Der Dirigent hatte eine exakte Vorstellung, wo vorübergehende, leichte Abstufungen zu umso größeren Wirkungen führen. Es waren genau kalkulierte Szenen, als Teil eines virtuosen Überwältigungstheaters, das Beethovens Vorstellungen einer über christliche Hoffnungen hinaus gehenden Erlösungsutopie durch Musik sehr nahe kam. In dem tosenden Spektakel fanden sich mehrere Inseln der Ruhe, gleichsam Meditationsplätze - der sanfte Puls beim Sanctus zum Beispiel suchte seinesgleichen. Das war von Thielemann sicher die beste Leistung bei diesen Festspielen.

Auch das Solistenquartett überzeugte, Krassimira Stoyanovas ebenso expressiv wie warm fließende Sopran-Linien gingen in Herz und Hirn und man fragte sich, warum sie nicht die Desdemona in der Festspielpremiere des "Otello" von Giuseppe Verdi singen durfte. Georg Zeppenfeld (Bass) und Christa Mayer (Mezzosopran) fügten sich perfekt ins Geschehen, nur Daniel Behles feiner, heller Tenor wirkte manchmal etwas zu leicht.

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