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Thomas Larcher bei den Bregenzer Festspielen Uraufführung der Oper "Das Jagdgewehr"

Am 15. August feierte der Bestseller des Japaners Yasushi Inoue "Das Jagdgewehr" als Musiktheater seine Uraufführung bei den Bregenzer Festspielen. Dieses Auftragswerk ist Thomas Larchers erste Opernkomposition überhaupt. Er bringt sie mit dem Schauspieler und Filmregisseur Karl Markovic auf die Bühne: Eine "wahnsinnig angenehme Zusammenarbeit" wie Larcher im BR-KLASSIK-Interview erzählt.

BR-KLASSIK: Wenn ein Tiroler Komponist eine Oper mit dem Titel "Das Jagdgewehr" schreibt, dann drängt sich schnell die Vermutung auf, es handele sich um ein Heimatepos mit Alpencharme. Aber Thomas Larcher – in Ihrem Fall darf man das sicherlich ausschließen, oder?

Thomas Larcher: Ja. Aber nur deswegen, weil Tobias Moretti sich als Bariton nicht so etabliert hat und sich nicht für die Hauptrolle eignet. Und dann haben wir einfach nach Japan ausweichen müssen, zu einem ganz anderen Stoff.

BR-KLASSIK: Aber Spaß beiseite. Sie beziehen sich mit dem "Jagdgewehr" auf einen Roman des japanischen Autors Yasushi Inoue. Worum geht es in diesem Roman?

Thomas Larcher: Im Grunde handelt es sich bei dieser Geschichte um eine klassische Dreiecksgeschichte: Ein Mann heiratet eine Frau, und kurz danach beginnt er eine Liebschaft mit einer anderen älteren Frau. Diese Geschichte wird in Form von drei Briefen erzählt: aus der Sicht der Ehefrau, die nach all den Ereignissen um die Scheidung bittet; dann aus der Sicht der Geliebten, die sich nach Schreiben ihres Briefes umbringt; und aus der Sicht einer Nichte, die die ganzen Ereignisse quasi als erste entdeckt. Es ist eine Dreiecksgeschichte aber das Ganze wird flankiert, umrahmt von der Erzählung eines Dichters, der über diesen Mann, über diesen Jäger mit dem Jagdgewehr, ein Gedicht geschrieben hat. Und der Jäger tritt mit diesem Dichter in Kontakt, weil er sich erkannt fühlt.

thomas-larcher-musica-viva | Bildquelle: Bayerischer Rundfunk Der österreichische Komponist Thomas Larcher | Bildquelle: Bayerischer Rundfunk Auf der anderen Seite geht es aber nicht nur um diese Dreiecksgeschichte, sondern vor allem um die Einsamkeit der Personen, die nicht fähig sind, miteinander zu kommunizieren. Es gibt Situationen, die scheinbar ausweglos sind und die alle dann sozusagen mit einem Knall auch gelöst werden, beziehungsweise sich noch weiter in die Katastrophe steigern. Eine Rolle spielt auch die Sprachlosigkeit um die Kraft des Schreibens. Der Dichter schreibt die Ereignisse auf und verbalisiert sie. Durch die Kraft der Sprache und des Schreibens dieser drei Personen wird die ganze Geschichte überhaupt erst sichtbar.

BR-KLASSIK: Ich stelle mir das gar nicht so einfach vor. Die drei Briefe, die in dieser Novelle zum Tragen kommen, auf die Opernbühne zu bringen. Friederike Gösweiner hat ja das Libretto geschrieben: eine österreichische Schriftstellerin, die übrigens wie Sie aus Schwaz kommt. Wie nah bleibt sie denn beim Aufbau des Romans?

Thomas Larcher: Zuerst einmal ist wichtig zu sagen, dass das Libretto nur aus Originaltext besteht. Friederike Gösweiner hat kein einziges Wort hinzugefügt. Sie hat sehr viele Worte weggelassen natürlich und sehr komprimiert. Es ist vor allem darum gegangen, diese Sprache zu erhalten und diese komplexen Beziehungen der Personen untereinander deutlich zu machen, weil es auf der philosophischen Ebene genau darum geht. Und wenn das nicht erhalten bleibt, dann ergibt diese Oper auch keinen Sinn. Es ist eben keine einfache Dreiecksgeschichte.

Die Einleitung und der Epilog sind durch diesen Dichter wie im Buch erhalten geblieben. Und dazwischen werden die verschiedenen Personen ineinander verschachtelt, die Ereignisse chronologisch geordnet, neu montiert und die Innenwelt und die äußere Handlungsebene der Personen miteinander verschränkt. Das Ganze geht zu einem Höhepunkt hin, wo eben die Hauptperson sich umbringt und von dort wieder langsam zurück zum Dichter, der dann am Schluss über die vergangenen Ereignisse reflektiert.

BR-KLASSIK: Ein junges internationales Sängerensemble wird diese Oper aufführen: Der Ire Robin Rtitschler, der Südtiroler Andrè Schuen, die Französin Sarah Aristidou, die Italienerin Giulia Peri und die Holländerin Olivia Vermeulen. Inwieweit waren Sie an der Besetzung involviert?

Thomas Larcher: Ehrlich? Das sind alles meine Vorschläge, die ich an das Festival gemacht habe.

BR-KLASSIK: Aber es gibt auch den österreichischen Schauspieler und Regisseur Karl Markowics, der Regie führt und der meines Wissens noch keine Oper gemacht hat. Wie liegt ihm denn dieses Metier?

Thomas Larcher: Ich habe Karl schon vor langer Zeit kennengelernt, auch aus seiner Arbeit zusammen mit Musikern. Er macht sehr viele Programme mit Dichtung und Musik. Er ist sehr musikaffin und musikinteressiert. Was mich überhaupt auf die Idee gebracht hat, ihn zu fragen, diese Inszenierung zu machen, war sein erster Spielfilm "Atmen". Das war ein Film, der sich durch die Arbeit mit Laienschauspielern ausgezeichnet hat, durch das Timing der Dialoge, durch die Qualität der Dialoge, und vor allem dadurch, wie Karl Bilder einsetzt, wie er mit kleinen Gesten große Emotionen auf der Leinwand darstellt. Für mich sind das Qualitäten, die für diese Oper gut sind. Es war eine wahnsinnig angenehme Arbeit, bei der alle ihr Bestes geben konnten.

"Das Jagdgewehr" bei den Bregenzer Festspielen 2018

Uraufführung: 15. August 2018
weitere Vorstellungen: 17./18. August 2018
Weitere Infos zur Aufführung finden Sie auf der Homepage der Bregenzer Festspiele.

Inszenierung: Karl Markovics
Musikalische Leitung: Michael Boder

Besetzung:
Dichter: Robin Tritschler
Josuke Misugi: Andrè Schuen
Shoko: Warah Aristidou
Midori: Giulia Peri
Saiko: Olivia Vermeulen
Ensemble Modern / SCHOLA HEIDELBERG

Sendung: "Leporello" am 14. August 2018 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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