BR-KLASSIK

Inhalt

Thema der Woche Charlie Chaplin und die Musik

Charlie Chaplin war ein Multitalent, Regisseur, Schauspieler und Musiker in einem. Sein Perfektionismus schenkte uns cineastische Meisterwerke wie "Goldrausch", "Lichter der Großstadt", "Moderne Zeiten" oder  "Der große Diktator".

Charlie Chaplin als Vagabund und der damals sechsjährige Jackie Coogan als Kind in dem Kinofilm "The Kid" von 1921 | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Komisch ist alles: komisch ist der Gang, komisch die Füße, komisch das Hütchen und komisch der Rhythmus seiner gleitenden, sparsamen Bewegungen
Kurt Tucholsky  

Dabei sind die Figuren, die Chaplin vor allem in seinen späteren Filmen verkörpert, nicht nur komisch. Sie können auch melancholisch, anarchisch oder egozentrisch sein. Man denke nur an den alternden Clown Calvero in "Limelight", an den frauenmordenden Heiratsschwindler "Monsieur Verdoux" oder den "Führer" Adenoid Hynkel im "Großen Diktator". Und selbst der kleine Tramp, jener Charakter der Chaplin so berühmt machte, ist keine eindimensionale Figur. Hinter deren Komik versteckte Chaplin oftmals handfeste Sozialkritik. Verstärkt werden Chaplins Filmcharaktere nicht zuletzt durch die Musik, die er zu seinen Leinwandgeschichten erfand. Chaplin war fasziniert vom Orchesterklang: "Nichts ist aufregender als eine selbstkomponierte Melodie zum ersten Mal vom einem 50-Mann-Orchester gespielt zu hören." Charlie Chaplin

Charlie Chaplin in "Der große Diktator" aus dem Jahr 1940 | Bildquelle: picture-alliance/dpa Bildquelle: picture-alliance/dpa Dabei bekam Chaplin nie eine fundierte Instrumentalausbildung, geschweige denn geregelten Kompositionsunterricht. Zwar begann er schon früh Geige und Cello zu lernen, er übte viel und beherrschte die beiden Instrumente wohl ganz ordentlich, aber zum Profi reichte es nicht. Und wenn er seine Filmmusiken komponierte, dann pfiff oder sang er seinen Arrangeuren und Mitarbeitern Melodien vor, die sie dann notieren und orchestrieren mussten, denn Noten lesen und schreiben konnte Chaplin nicht.

Ein wichtiger Einschnitt in Chaplins Karriere als Filmmusikschaffender war die Erfindung des Tonfilms in den 1920er Jahren. Chaplin wehrte sich zunächst dagegen, seinen Tramp  sprechen zu lassen, weil er glaubte dadurch würde dessen poetische Ausstrahlung zerstört. Um den Anforderungen des Tonfilms trotzdem gerecht zu werden, komponierte er für "Lichter der Großstadt" 1931 seine erste Filmmusik. "Ich versuchte immer elegante, romantische Musik zu schreiben, um meinen Komödien einen Rahmen zu geben, der mit dem Charakter des Tramps kontrastierte. Elegante Musik verlieh meinen Komödien eine emotionale Dimension. Die Arrangeure haben das selten verstanden. Sie wollten, dass die Musik komisch sei. Aber ich erklärte ihnen, dass ich keine Konkurrenz wünschte. Ich wollte, dass die Musik ein Kontrapunkt sei, Gefühl ausdrückte" Charlie Chaplin

Diesem Ziel kam er mit den Jahren immer näher. Bereits bei seinem nächsten Film "Moderne Zeiten" (1936) gelang ihm ein veritabler Hit: wenn in der Schlusseinstellung der kleine Tramp und seine Gefährtin Paulette Goddard die Straße entlang in eine ungewisse Zukunft marschieren, dann erklingt eine Melodie, zu der ein paar Jahre später ein Text entstand: "Smile". Die Aufnahme von 1954 mit Nat King Cole wurde weltberühmt und zu Chaplins größtem Erfolg.

Seine Partituren zum "Großen Diktator" (1940), zu "Monseur Verdoux" (1947) oder "Rampenlicht" (1952) wurden immer raffinierter und ausgefeilter. Er arbeitete mit wenigen Leit-Motiven, die sehr pointiert eingesetzt den Filmen eine große Geschlossenheit verleihen.

Für seine Musik zu "Rampenlicht" erhielt er sogar einen Filmmusik-Oscar.

Szene aus dem Film "Goldrausch" aus dem Jahr 1925 | Bildquelle: picture-alliance/dpa Bildquelle: picture-alliance/dpa Einige seiner frühen Stummfilmklassiker überarbeitete Chaplin später und veröffentlichte sie mit neuer Musik, um sie für das Tonfilmzeitalter tauglich zu machen: In "Goldrausch" fungierte Chaplin dabei zusätzlich als Erzähler im Off und die neue Fassung seines wunderbaren Films "Zirkus" eröffnete der damals 80jährige mit dem selbstgesungenen Song "Swing little girl".

Chaplins Interesse an der Musik und dem Musikleben seiner Zeit wird auch durch zahlreiche Bekanntschaften dokumentiert: er war mit Hanns Eisler bekannt, posierte auf Fotos mit Jascha Heifetz oder Igor Strawinsky, dinierte mit Vladimir Horowitz, Sergei Rachmaninow und Arnold Schönberg. "Obwohl Chaplin strenggenommen musikalisch völlig unbedarft war, hatte er ein sehr gutes Ohr dafür, wie Filmmusik klingen sollte. Außerdem verfügte er über eine enorme melodische Begabung. Vor allem aber besaß er ein außerordentlich feines Gefühl dafür, wann Musik haargenau der Handlung angepasst werden musste (das sogenannte 'Mickey-Mousing') und wann sich eine Melodie losgelöst und frei entwickeln sollte" Carl Davis, Dirigent

    AV-Player