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Thema der Woche Nachtgedichte von Joseph von Eichendorff

Mit mehreren Tausend Vertonungen gehört Joseph von Eichendorff zu den meistvertonten deutschsprachigen Lyrikern. Die Nacht wurde von ihm in vielen Gedichten thematisiert.

Der untergehende Mond ist bei Münsing (Bayern) neben einem Baum zu sehen. | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Wenn der Mond die Sonne in den Schlaf küsst, kündigt sich die Nacht an, Mensch und Tier kommen zur Ruhe. Wir träumen von unseren Hoffnungen, Ängsten und Sehnsüchten. Die Dunkelheit hat etwas Magisches. Ein Thema wie gemacht für Dichter und Poeten. Egal ob Rilke, Goethe, Heine oder Eichendorff, alle haben wundervolle Nachtgedichte geschaffen, und die wiederum haben Komponisten inspiriert.

Die Nacht war zu Eichendorffs Lebzeiten, Ende des 18./ Anfang des 19. Jahrhunderts, viel dunkler als heute, wo wir mit dem Lichtschalter die Nacht sofort zum Tag machen können. Damals erleuchteten allein Sterne und Feuer den dunklen Himmel. Bis am 1. April 1814 mit der ersten öffentlichen Gasbeleuchtung eine neue Technik ihren Siegeszug antrat und Licht in die Großstadtnächte brachte. (Den Menschen war die Straßenbeleuchtung übrigens anfangs viel zu hell).

Ist in Joseph von Eichendorffs Morgenliedern alles Aufbruch, so stimmen die Abendlieder den Menschen zum Rückzug in seine Innenwelt und zur Einkehr zu Gott. In den Abend- und Nachtgedichten Eichendorffs lässt sich nicht behaglich ausruhen und romantisch träumen, denn nach den trügerisch friedfertigen Naturbildern tauchen plötzlich Verweise auf den Tod auf: Wenn in der "Mondnacht" die Seele von ihrem Flug "nach Haus" träumt, wird deutlich, dass der Dichter die "ewige Heimat" meint, die erst nach dem Tod erreicht wird.

Für Eichendorff ist Dichtkunst "das Ewige, das Unvergängliche und absolut Schöne, das wir hienieden ersehnen und nirgends erblicken." Deshalb verwandelt er die Natur ins Überirdische und Symbolhafte, so ist auch die besungene Mondnacht nicht wirklich von dieser Welt.

Eichendorffs lyrischer Ruhm wurde durch Vertonungen noch gesteigert. Besonders beliebt ist z. B. das Gedicht "Mondnacht" in den Bearbeitungen von Johannes Brahms vor allem aber in der von Robert Schumann. Neben diesem Lied von Robert Schumann hören Sie diese Woche in der Mittagsmusik auch Eichendorff-Vertonungen von Richard Strauss, Hugo Wolf, Max Reger und Erich Wolfgang Korngold.

Biographie

Name: Joseph von Eichendorff
Geburt: *10.03.1788
Tod: † 26.11.1857
Nationalität: Deutsch
Art der Werke: Lyrik und Prosa

Joseph Freiherr von Eichendorff, der am 10. März 1788 auf Schloss Lubowitz geboren wurde, gilt als der bedeutendste Lyriker und Schriftsteller der deutschen Romantik.

Er kam als Sohn eines preußischen Offiziers auf die Welt und wuchs in einer katholischen Adelsfamilie auf. Bis er 13 Jahre alt war, wurde er Privat unterrichtet. Nachdem er das katholische Gymnasium in Breslau besucht hatte (1801-1804), begann er mit einem Jurastudium in Halle, das er später in Heidelberg fortsetzte. 1808 unternahm er eine Bildungsreise nach Paris und Wien von der er 2 Jahre später zurückkehrte, um seinem Vater bei der Verwaltung der Güter zu helfen. Eichendorff besuchte unter anderem im Winter des Jahres 1809 Vorlesungen von Kleist und konnte so Kontakte zu anderen Schriftstellern bzw. Dichtern knüpfen.

Nachdem er nach 2 Jahren in Wien sein Studium beendet hatte, nahm er an den Befreiungskriegen gegen Napoleon im Jahre 1813-1815 teil. Ein Jahr später trat er als Referendar in den preußischen Staatsdienst. 1831 zog er mit seiner Familie nach Berlin, wo er sich mit verschiedenen Ministerien beschäftigte und 1841 zum Geheimen Regierungsrat ernannt wurde. Drei Jahre später ging er in Pension und fing an, sich der Schriftstellerei ganz und gar hinzugeben. In den letzten zwei Jahren seines Lebens weilte er als Gast des Breslauer Erzbischofs in dessen Sommerresidenz, wo er am 26. November 1857 starb.
Quelle: www.rhetoriksturm.de

Montag: "Mondnacht"

Robert Schumann
Christian Gerhaher (Bariton) und Gerold Huber (Klavier)

Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

Dienstag: "Im Abendrot"

Richard Straus
Barbara Hendricks (Sopran), Barcelona Symphony Orchestra, Leitung: Lawrence Foster

Wir sind durch Not und Freude
Gegangen Hand in Hand:
Vom Wandern ruhen wir beide
Nun überm stillen Land.

Rings sich die Täler neigen,
Es dunkelt schon die Luft,
Zwei Lerchen nur noch steigen
Nachträumend in den Duft.

Tritt her und laß sie schwirren,
Bald ist es Schlafenszeit,
Daß wir uns nicht verirren
In dieser Einsamkeit.

O weiter, stiller Friede!
So tief im Abendrot,
Wie sind wir wandermüde -
Is dies etwa der Tod?

Mittwoch: "Nachtzauber"

"Hörst du nicht die Quellen gehen…" von Hugo Wolf
Christoph Prégardien (Tenor) und Michael Gees (Klavier)

Hörst du nicht die Quellen gehen
Zwischen Stein und Blumen weit
Nach den stillen Waldesseen,
Wo die Marmorbilder stehen
In der schönen Einsamkeit?
Von den Bergen sacht hernieder,
Weckend die uralten Lieder,
Steigt die wunderbare Nacht,
Und die Gründe glänzen wieder,
Wie dus oft im Traum gedacht.

Kennst die Blume du, entsprossen
In dem mondbeglänzten Grund?
Aus der Knospe, halb erschlossen,
Junge Glieder blühend sprossen,
Weiße Arme, roter Mund,
Und die Nachtigallen schlagen,
Und rings hebt es an zu klagen,
Ach, vor Liebe todeswund,
Von versunknen schönen Tagen –
Komm, o komm zum stillen Grund!

Donnerstag: "Nachts"

"Ich wandre durch die stille Nacht…" von Max Reger
Regina Klepper (Sopran), Martina Borst (Mezzosopran) und Helmut Deutsch (Klavier)

Ich wandre durch die stille Nacht,
Da schleicht der Mond so heimlich sacht
Oft aus der dunklen Wolkenhülle,
Und hin und her im Tal
Erwacht die Nachtigall,
Dann wieder alles grau und stille.

O wunderbarer Nachtgesang:
Von fern im Land der Ströme Gang,
Leis Schauern in den dunklen Bäumen -
Wirrst die Gedanken mir,
Mein irres Singen hier
Ist wie ein Rufen nur aus Träumen

Freitag: "Nachtwanderer"

"Er reitet nachts auf einem braunen Roß…" von Erich Wolfgang Korngold
Wolfgang Holzmair (Bariton) und Imogen Cooper (Klavier)

Er reitet nachts aufeinem braunen Roß,
er reitet vorüber an manchem Schloß.
Schlaf droben, mein Kind, bis der Tag erscheint,
die finstre Nacht ist des Menschen Feind!

Er reitet vorüber an einemTeich,
da stehet ein schönes Mädchen bleich
und singt, ihr Hemdlein flattert im Wind:
Vorüber, vorüber, mir graut vor dem Kind!

Er reitet vorüber an einemFluß,
da ruft ihm der Wassermann seinen Gruß,
taucht wieder unter dann mit Gesaus,
und stille wird's über dem kühlen Haus.

Wenn Tag und Nacht im verworrenem Streit,
schon Hähne krähen in Dörfern weit,
da schauert sein Roß und wühlet hinab,
scharrt im schnaubend sein eigenes Grab.

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