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CD-TIPP: 05. Juni 2020 HENDRIKA ENTZIAN +: MARBLE

Sie ist eine sehr gute Kontrabassistin und Komponistin. Mit ihrem Quartett hat Hendrika Entzian schon zwei CDs herausgebracht. Jetzt hat sie ein gelungenes Debütalbum mit ihrer eigenen Big Band vorgelegt und überzeugt darauf mit variantenreicher, musikalischer Erzählkunst.

CD Cover Hendrika Entzian | Bildquelle: Traumton / Indigo

Bildquelle: Traumton / Indigo

Die Kölner Kontrabassistin und Komponistin Hendrika Entzian hat die erste CD ihrer eigenen Big Band "Marble" genannt. Das ist das englische Wort für "Marmor" - und einer ganz bestimmten Qualität dieses edlen Gesteins ist der Albumtitel geschuldet. So wie man innerhalb der glatten Oberfläche von Marmor beim Näherkommen einzigartige Ausprägungen von Mustern erkennen kann, so gibt es auch innerhalb der homogenen orchestralen Klangflächen ihrer Musik eine Vielfalt beweglicher Strukturen und anderer Überraschungen. 

Glanzleistungen des solistischen Selbstausdrucks

Ja, kann man sagen, ist doch klar, so funktioniert Big Band nun mal, aber auch hier ist es so wie bei jeder anderen Besetzung im Jazz: Es geht darum, eine eigene Charakteristik in Klangsprache und Formbewusstsein zu entwickeln. Das hat Hendrika Entzian in den vergangenen Jahren schon gut in ihrem Quartett geschafft, in dem sie selbst Kontrabass spielt. Und das tut sie nun auch bei ihrer 17köpfigen Bigband, die sie schlicht Hendrika Entzian + nennt. Junge starke Spieler*innen aus der Kölner Szene hat sie darin um sich versammelt, die alle auch grandios solieren können. Für sie baut Hendrika Entzian innerhalb ihrer Kompositionen wunderbare Bühnen, auf denen dann ganz individuelle Muster entstehen. Es ist wirklich genussvoll, den Spannungsbögen ihrer Arrangements mit ihren immer wieder kunstvoll zugespitzten Höhepunkten zu folgen und sich vom Fluss der ineinandergreifenden Motivik zu Glanzleistungen des solistischen Selbstausdrucks tragen zu lassen.

Schwebend und Swingend

Mit ihrer sehr abwechslungsreich gestalteten Ausdeutung einer modernen Big Band Ästhetik bewegt sich Hendrika Entzian in einer Traditionslinie, die von Gil Evans und Bob Brookmeyer begründet wurde und in der Gegenwart von Maria Schneider und Jim McNeely kontinuierlich mit Leben erfüllt wird. Dieser Tradition hat sie ihre durchaus eigene, musikalische Erzähltechnik hinzuzufügen - eine, die sehr stark auf den ebenso dichten wie durchlässigen Texturen basiert, die sie zu weben versteht. Schwebend können sie sein, wenn sie mit ihren schimmernden, harmonischen Klangfarben melodiöse Linien umhüllen, oder sich mit dem swingenden Bounce der Rhythmusgruppe zu einem kraftvollen Klangstrom verbinden. Ein überzeugendes Entrée als Komponistin für großes Ensemble und Leiterin einer eigenen Big Band ist Hendrika Entzian hier gelungen.

HENDRIKA ENTZIAN + : "MARBLE"

Saxofone: Julian Bossert, Theresia Philipp, Matthew Halpin, Sebastian Gille und Heiko Bidmon
Trompeten: Andy Haderer, Felix Meyer, Bastian Stein und Heidi Bayer
Posaunen: Klaus Heidenreich, Shannon Barnett, Janning Trumann und Jan Schreiner
Piano, Fender Rhodes: Simon Seidl
Gitarre: Sandra Hempel
Bass: Matthias Akeo Nowak
Schlagzeug: Fabian Arends
Kompositionen und Leitung: Hendrika Entzian

Traumton Records 4688 (LC 5597)

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