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Duke Ellington: Choo Choo Der Duke und der Sound der Züge

Vor 100 Jahren machte Duke Ellington seine ersten Aufnahmen. Unter den Platten der "Washingtonians" ist auch sein erstes Portrait eines fahrenden Zuges: "Choo Choo". Jazz mit Zugkraft.

Cover - Duke Ellington: Early Ellington | Bildquelle: Bluebird Records

Bildquelle: Bluebird Records

Züge waren eine große Inspirationsquelle im Schaffen Duke Ellingtons. So machte der Bandleader das von seinem Alter Ego Billy Strayhorn komponierte "Take The A Train" zum Theme Song seines Orchesters. Es findet sich auf fast jedem Live-Album Ellingtons.

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Duke Ellington & Orchestra, Take the A Train, 1943 (colorized)

Choo Choo

Schon unter Ellingtons allerersten Aufnahmen findet sich sein erstes Portrait eines Zuges. "Choo Choo" heißt es, aufgenommen im November 1924 von "The Washingtonians". Gleich am Anfang erinnern die Bläserstimmen an die Signaltöne einer sich nähernden Eisenbahn. Es ist auch Ellingtons erste Aufnahme mit dem genialen Trompeter Bubber Miley. Dieser war jahrelang wohl der wichtigste Solist der Ellington Band.      

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Choo Choo (Gotta Hurry Home)

Chicago Blues

Die musikalische Darstellung eines sich nähernden oder vorüberratternden Zuges war damals nichts Neues. Fletcher Henderson ließ im "Chicago Blues" vom Februar 1924 einen Zug rollen. In seiner Autobiographie schrieb Duke Ellington über seinen Kollegen: "Hendersons Band war mehr als jede andere diejenige, die das einleitete, was später als Swing-Ära bekannt wurde. Als ich in New York ein eigenes großes Orchester gründete, wollte ich, dass es so klang wie seines."

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Fletcher Henderson And His Orchestra "Chicago Blues" (1924) - Silvertone 3023.

Railroad Blues

Duke Ellington kam vom Harlem Stride Piano, zu dessen ersten Vertretern Luckey Roberts gehört. Der machte 1916 Plattenaufnahmen, die allerdings nie veröffentlicht wurden und die vielleicht als erste Jazzplatten in die Geschichte eingegangen wären. Darunter soll sich auch der "Railroad Blues" befunden haben, den er 30 Jahre später aufnahm - ein Stück, das mit kantig rollenden Bässen und schwindelerregend vorwärtspreschenden und wirbelnden Oberstimmen grandios den Klang der Eisenbahn einfängt.

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Luckey Roberts Railroad Blues

 Chattanooga Choo Choo

Später nahm sich auch Glenn Miller des Themas an, in "Chattanooga Choo Choo".

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Glenn Miller - Chattanooga Choo Choo - Sun Valley Serenade (1941) HQ

Daybreak Express

Doch Ellington, der Tonmaler, blieb der Spezialist für Züge. Der "Daybreak Express" von 1933 entpuppt sich als Variante des "Tiger Rag", bei der nicht die Raubkatze, sondern der Schnellzug faucht.

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Duke Ellington & His Orchestra: Daybreak Express (1933)

Happy Go Lucky Local

Eines der schönsten Zug-Potraits ist "Happy Go Lucky Local", der Schlusssatz aus Ellingtons "Deep South Suite" von 1946. Der Tonmaler wurde zum Dichter, wenn er von Zügen sprach. So beschrieb er "Happy Go Lucky Local" als:

"Zug im Süden, nicht einer jener luxuriösen Züge, die Touristen nach Miami bringen, sondern ein kleiner Zug mit Lokomotive, der nie zu schnell, nie pünktlich ist und an Orten hält, von denen man nie gehört hat. Nach Grunzen, Stöhnen und Ruckeln beruhigte sie sich schließlich auf ein gleichmäßiges mittleres Tempo. Der Zug hatte einen schwarzen Feuerwehrmann, der gerne an der Schnur zog, die die Pfeife blies, und da er jedes Haus und jedes Fenster auf seiner Seite der Gleise zu kennen schien, zog er ewig an der Schnur. Er spielte auf der Pfeife auch Melodien - Blues, Spirituals, ein wenig "Shortenin' bread" - und rief jemanden, während der Zug mit mehr als nur einer Andeutung von Boogie-Woogie-Rhythmus mitrasselte. Unten im Süden nannten sie den Zug Nr. 42, aber wir nannten ihn einfach den Happy Go Lucky Local".

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Happy Go Lucky Local

Night Train

Die gegen Schluss von "Happy Go Lucky Local" zu hörende Melodie wurde als "Night Train", einem Blues des Ellington-Saxophonisten Jimmy Forrest, sehr populär, vor allem in der Fassung von Oscar Peterson.

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The Oscar Peterson Trio - Happy Go Lucky Local (aka Night Train)

Honky Tonk Train Blues

Im Jahre 1967 hatte Duke Ellington einmal die undankbare Aufgabe, in einem Konzert unmittelbar nach Oscar Peterson aufzutreten. Bei der Begrüßung des Publikums rettete er sich in folgende Worte: "Ich hatte eine Musiklehrerin namens Mrs. Clinkscale. Ich werde nie vergessen, dass sie am Ende der ersten Stunde zu mir sagte: Edward, setz dich nie nach Oscar Peterson ans Klavier." Die Anekdote ist zu schön, um wahr zu sein, und sie ist es auch nicht, denn als Oscar Peterson 1925 geboren wurde, lag dieser Unterricht lange zurück. Rock-Kollege Keith Emerson, der am 2. November 80 Jahre alt geworden wäre, hatte weniger Scheu als der Duke und setzte sich gleichzeitig mit Peterson ans Klavier, um Meade Lux Lewis‘ berühmten "Honky Tonk Train Blues" von 1927 zu spielen. Überhaupt ist Boogie Woogie ohne Züge nicht denkbar, den sein Rhythmus wird von den stampfenden Geräuschen der Dampflokomotiven abgeleitet.

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Keith Emerson & Oscar Peterson - Honky Tonk Train Blues

Sendungshinweis:

28. November 2024, 22.03-23.00 auf BR-KLASSIK:  Eine Chronik des Jazz (48): "Everybody Loves My Baby" - Aufnahmen vom November 1924

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