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Neues Album von Helge Schneider: "Partypeople (beim Fleischer)" Es schnurrt, rasselt und swingt grandios

Überraschend jazzig und sensationell gut gespielt ist das neue Album von Helge Schneider: "Partypeople (beim Fleischer)", findet Ulrich Habersetzer aus der BR-KLASSIK-Jazzredaktion. Es erscheint am 2. August.

Helge Schneider mit Mikrophon; Foto zum neuen Album "Partypeople", das am 2.08.2019 erscheint. | Bildquelle: ©Meine Supermaus GmbH

Bildquelle: ©Meine Supermaus GmbH

Es habe "die Lässigkeit von Lester Young und das strenge Durchsetzungsvermögen von Coleman Hawkins", beschrieb Helge Schneider vor rund sechs Jahren sein Saxophonspiel. Und genau so beginnt die neue Platte des Musikclowns und Allround-Genies: Der erste Ton kommt aus Schneiders Tenorsaxophon - lässig, aber mit Durchsetzungsvermögen. Und wirklich, man fühlt sich erinnert an die Legenden des Saxophons Coleman Hawkins, Lester Young und auch Ben Webster.

Soulig groovender Jazz

Impressionen | Bildquelle: BR/Markus Konvalin Bildquelle: BR/Markus Konvalin Was sich danach in "Dance to the music" - dem Eröffnungsstück auf "Partypeople (beim Fleischer)" - entspinnt, ist soulig groovender Jazz mit den typischen, auf Schneidersche Art skandierten Textzeilen ("Move your body"). Dazu ein rumpelndes Schlagzeug, Schweineorgelakkorde, etwas, das klingt wie ein Cembalo, außerdem ziemlich coole Kontrabass-Fills und immer wieder dieses Saxophon. Es schnurrt, es knarzt, es rasselt, es knistert und es swingt grandios. Im weiteren Verlauf driftet das Eröffnungsstück etwas ins Psychodelisch-Verhallte ab, Sun Ra lässt grüßen. "Music is a language", ruft Helge Schneider, und er hat recht: Musik ist seine Sprache. Das macht sein neues Album wieder deutlich.

Alltagssituationen im typischen Helge Schneider-Humor

Und das, obwohl es relativ viele ausschließlich gesprochene Tracks gibt, in denen Helge Schneider durchgeknallte Alltagssituationen beschreibt: das zufällige Treffen an einer Bushaltestellen, das vergebliche Kaufen von Fleischwurst oder die Begegnung der drei alten Freunde Erwin, Helmut und Klaus - kompromissloser Schneider-Humor, mal derb, mal brutal, immer skurril. Dieser Humor ist sicher nicht jedermanns Geschmack, aber was musikalisch auf dem neuen Album des Mühlheimers passiert, haut einen schier um.

Das Highlight: "Saxophonoutlet"

Der Jazzprofessor mit Band im Circus Krone | Bildquelle: Till Oellerking Helge Schneider in Leggins am Tenorsaxophon beim seinem Konzert im Mai 2016 im Münchner Circus Krone. | Bildquelle: Till Oellerking Ein Schmatzen, ein leicht schwimmender Klavierakkord, so beginnt der Titel "Saxophonoutlet". Und dann kommt es: ein Tenorsaxophon, wie man es sich nur erträumen kann. Ungemein plastisch in der Tongebung, schmeichelnd, luftig, mit swingendem Vibrato und herrlich erzählender Phrasierung. Das Klavier begleitet die Linien ganz dezent. Nirgends Klamauk - Jazz pur! Mit diesem Stück könnte man so manchen Jazzkenner in die Irre führen: Wer spielt hier? Das samtige Timbre erinnert an Ben Webster, allerdings mit dem Zupackenden eines Coleman Hawkins, vielleicht sogar mit dem Blues eines Paul Gonsalves und den Growls, die an Earl Bostic erinnern. Aber es spielt Helge Schneider, einer der herausragenden Jazzmusiker unserer Zeit, das machen allein diese gut viereinhalb Minuten von "Saxophonoutlet" deutlich.

Unterstützung von Henrik Freischlader und Peter Thoms

Noch mehr gibt es musikalisch auf "Partypeople (beim Fleischer)": Als Gäste hat sich der Multiinstrumentalist Schneider den Blues-Gitarristen Henrik Freischlader eingeladen sowie seinen Langzeit-Bandkollegen Schlagzeuger Peter Thoms, seit den 1980er-Jahren trommelt Thoms immer wieder für Helge Schneider. "Wenn der Komet kommt" wird mit Hilfe von Freischlader zur stolpernd-swingenden Untergangsphantasie gekrönt von einem äußerst lässigen Gitarrensolo. "This is a political song" - Schneiders aktuelles Statement zur politischen Lage - mit Jungle-Beat, wilden Scat-Einlagen, kantigen Blockakkorden und doch deutlichen Verweisen auf die Hippie-Hymne "Let the Sunshine In" ist eine Paradenummer für Drummer Thoms. Im Titelsong "Partypeople" schnurrt dann wieder das Tenorsaxophon und das ist, wie wir ja wissen, eh sensationell.

Auf "Partypeople (beim Fleischer)" wirkt vieles wie immer bei Helge Schneider: improvisiert, aus dem Moment, spontan und unperfekt. Aber musikalisch hat der Meister an einigen Stellen sicher gefeilt, und so ist ein ziemlich großer Jazzgenuss entstanden.

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