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"Musik der Welt" CD-Tipp: Cyrillus Kreek: The Suspended Harp of Babel

Das estnische Vokalensemble Vox Clamantis und sein Leiter Jaan-Eik Tulve haben Chorwerke von Cyrillus Kreek ausgewählt, hymnisch-strahlende Psalmen und berückend schöne Volkslieder. Bei uns ist Cyrillus Kreek (1889 - 1962) noch nahezu unbekannt. Doch in Estland ist er eine feste Größe: er hat Volksmusik seiner Heimat gesammelt und bearbeitet und mit seinen Kompositionen die Grundlage für einen eigenen idiomatischen Chorgesang geschaffen. Ergänzt wird der Querschnitt durch sein Vokalschaffen um Fantasien und Zwischenspiele auf der schwedischen Nyckelharpa und der estnischen Zither Kannel.

Bildquelle: © ECM

"Musik der Welt"

CD-Tipp: Cyrillus Kreek: The Suspended Harp of Babel

Entrückt, mit großer Klarheit und dabei glühender Intensität in ihrer Weite und Schlichtheit – so ließe sich die Musik von Cyrillus Kreek beschreiben. Eine Musik, die archaisch klingt und doch ihrer Entstehungszeit angehört. Etwa aus dem Jahr 1923 die Vertonung des 121. Psalms, “Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen”. Frauen- und Männerstimmen sind gefasst in fließende Melodiebögen.

Cyrillus Kreek

Ein untrügliches Gespür für die menschliche Stimme zeichnet Cyrillus Kreeks Komponieren aus. In seinen Psalmen und in seinen Volksliedern. Was Béla Bartók als Volksmusiksammler für Ungarn leistete, das ist Cyrillus Kreek für Estland gelungen. 1300 geistliche und weltliche Lieder hat der Sohn einer Lehrerfamilie bis zu seinem Tod zusammengetragen und notiert, Dreiviertel von ihnen arrangierte er für Chor – ein unermesslicher Schatz, noch heute feiert und verehrt man Kreeks Musik in Estland mit einem jährlichen Festival.

Vox Clamantis

In den an Bachs Chorälen geschulten unbegleiteten Psalm-Gesängen kann sich die kristalline Brillanz der Sänger in hymnischem Glanz verströmen. “Vox Clamantis”, Estlands führendes Vokalensemble, wurde 1996 in Tallinn von seinem Leiter Jaan-Eik Tulve gegründet. Bis heute interpretieren sie ein Repertoire von der frühen Polyphonie bis Arvo Pärt, mit dessen Lehrer Heino Eller Cyrillus Kreek einst vor dem Ersten Weltkrieg am St. Petersburger Konservatorium studiert hat.

Eine neue Dimension jenseits des Vokalklangs öffnet sich dann mit der Nyckelharpa, deren Korpus einer Viola d’amore ähnelt, und der Kannel-Zither.

Nyckelharpa und Kannel-Zither

Marco und Angela Ambrosini an der schwedischen Nyckelharpa und Anna-Liisa Eller an der Kannel, der estnischen Zither, steuern Vor- und Zwischenspiele bei, erweitern und verstärken den Gesang. Führen die Volkshymnen fort und treten mit ihnen in ein spannungsvolles Wechselspiel.

Behutsam hat der italienische Komponist Marco Ambrosini seine instrumentalen Fantasien in den Klangkosmos von Cyrillus Kreek eingefügt. Und die schwedische Nyckelharpa, deren Saiten mit einem kurzen Bogen gestrichen und durch das Drücken von Tasten in ihrer Tonhöhe variiert werden, passt bestens. Denn seine Jugend verbrachte Cyrillus Kreek in einer Region mit einem hohen schwedischstämmigen Bevölkerungsanteil.

Klar wie ein Bergbach

Meditativ und fließend. Konzentriert und klar wie ein Bergbach.

Eine Musik, die Herz und Seele öffnet, die berührt und Trost spendet, aufgenommen im April 2018 in der “Kirche der Verklärung des Herrn” in Tallinn.

Vertraut und doch neu. Dieser Cyrillus Kreek ist eine wunderbare Entdeckung und wir hoffen auf Mehr von ihm. Erst recht, wenn wieder das lupenrein intonierende und in schönster Gelassenheit singende Ensemble “Vox Clamantis” dabei ist.

Cyrillus Kreek: The Suspended Harp of Babel

Vox Clamantis
Leitung: Jaan-Eik Tulve

ECM New Series 2620

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