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Trompeter Claus Reichstaller Ein Interview von Anna Bermayer

Schüler des Günter-Stöhr-Gymnasiums in Icking haben sich einJahr lang im Musikunterricht dem Jazz angenährt. Dazu haben sie Interviews mit Jazzmusikern gemacht. Anna Bermayer hat Trompeter und Hochschulprofessor Claus Reichstaller getroffen.

Trompeter Claus Reichstaller | Bildquelle: Ralf Dombrowski

Bildquelle: Ralf Dombrowski

Anna Bermayer: Wie kamen Sie zum ersten Mal mit Jazz in Kontakt?

Claus Reichstaller: Mein erster Kontakt mit Jazz war eigentlich über meinen Onkel. Ich bin ja zwar in München geboren, aber in der Nähe von Burghausen aufgewachsen, da gibt es ja dieses berühmte Jazzfestival mittlerweile schon seit 47 Jahren. Da war ich so 12 oder 13 Jahre alt und mein Onkel, schon damals Jazzfan, hat mich auf die Jazzwoche mitgenommen. Ich hab da die „Clark Terry Bigband“ gehört und anschließend waren wir auch im Jazzkeller – nur kurz, weil ich war da noch ziemlich jung und das hat mich sofort begeistert. Das war mein erster Kontakt überhaupt mit Jazz.

Anna Bermayer: Wie empfinden Sie die Freiheit in der Musik und insbesondere im Jazz?

Claus Reichstaller: Das ist ganz interessant: Wenn man anfängt ein Instrument zu lernen, kriegt man ja meistens von einem Lehrer eine Schule mit Noten und Tonleitern, ohne zu merken was es überhaupt für Wege und Freiheiten im Jazz gibt. Zum ersten Mal hab ich das dann eigentlich gemerkt, weil ich das Jahr drauf mit meinem Onkel wieder in Burghausen war und da an so einem CD-Stand Notenmaterial gekauft habe. Da gab es eine „Miles Davis Collection“ mit verschiedenen Titeln. Da hab ich mich wahnsinnig gefreut und die Noten mit nach Hause genommen und hab mir da dann auch eine Schallplatte gekauft und mir das Stück angehört und ich schaue gleichzeitig die Noten an und denke mir: Irgendwas kann da nicht stimmen. Der spielt ja komplett was anderes.

Aber so bin ich dann überhaupt dazu gekommen, dass es eben grade im Jazz unzählige Möglichkeiten der Interpretation gibt.

Anna Bermayer: Was halten Sie, mit Ihrer eigenen Erfahrung von damals und auch aus der Sicht Ihrer heutigen Position, von Veranstaltungen oder Projekten wie „Jugend musiziert“?

Claus Reichstaller: Das finde ich eine großartige Geschichte! „Jugend musiziert“ ist ja auf Jazzebene „Jugend jazzt“ und entscheidend ist die Begegnung. Also was ist das? Das gemeinsame Musizieren, dass man zusammen was macht und diese Landesjugendjazzorchesterphasen, das ist großartig. Ich kann mich erinnern, als Kind war für mich das größte, wenn man mal ins Jugendlager fährt und was weiß ich alles macht. Also wir haben damals immer Fußball gespielt, aber das gibt es ja mit Musik genauso und da merkt man einfach, wie begeistert d Jugendlichen sind und da kristallisieren sich dann schon Freundschaften raus und der eine oder andere merkt dann ob Musik tatsächlich das ist, was er dann später in seinem Leben machen möchte. Ich finde, das ist eine großartige Einrichtung.

Anna Bermayer: Wie empfinden Sie Jazz?

Claus Reichstaller: Jazz ist Freiheit, Bewegung und Konversation. Es hat mal jemand gesagt, wenn die Staatsmänner alle in einer Band spielen würden, das wäre relativ gut, weil dann würde es keine Kriege geben.

Anna Bermayer: Ein schönes Zitat. Was bewirkt diese Musik für Sie?

Claus Reichstaller: Musik kann heilen, Musik spricht einen direkt an, manche negativ, manche positiv. Aber man muss Musik nicht studieren, um sie verstehen zu können. Manchmal fragen mich Leute: „Aber ich kann ja gar nicht in ein Jazzkonzert gehen, weil ich das nicht verstehe.“ Dann sage ich: „Geh einfach rein und lass es passieren.“ Und die meisten sagen dann: „Ach, das war echt toll. Ich weiß gar nicht was das war, aber irgendwie war es toll.“ Definieren möchte ich es gar nicht, es ist eher eine energetische Sache, die direkt auf einen eingeht.

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