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Basslegende Wolfgang Schmid wird 70 It's All About the Bass

Groove-Garant, Hochschulprofessor, Komponist, erfolgreicher Bandleader: All dies ist Bassist Wolfgang Schmid, der am 11. November 70 Jahre alt wurde. Wolfgang Schmid leitet aber auch die Münchner Musikkritikerband. Eine Verneigung seines Bandkollegen – BR-KLASSIK-Jazzjournalist Ulrich Habersetzer.

E-Bassist Wolfgang Schmid | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bassisten wirft so schnell nichts um. Das sind Menschen mit einer hohen Frustrationsschwelle. Sie stehen meistens hinten, man muss sie hören, aber bitte nicht zu laut. Spielen sie ein Solo, schauen die anderen Musiker auf die Uhr.
Wie bleibt man bei so einem Schicksal ausgeglichen? Nur mit großer Liebe zur Musik und zu den Menschen. Man braucht ein großes Herz und gnädige Ohren für die Mitmusiker.

Großes Herz und gütige Ohren

Das hat Wolfgang Schmid, mein "Bandkollege". Natürlich ist das eine völlig absurde Amtsanmaßung, aber Wolfgang Schmid hat nun mal das Projekt "MMMM" (Münchner Musikkritiker machen Musik) gegründet. Ob dabei das herauskommt, was der Name verspricht, sei dahingestellt.

Die Münchner Musikkritikerband

Ulrich Möller-Arnsberg – Violin (BR-KLASSIK, B5 Kultur, SZ)
Ralf Dombrowski – Guitar, Melodica (SZ, Spiegel Online, BR)
Klaus von Seckendorf – Piano (Rolling Stone, Die Zeit, Jazzthetik)
Roland HH Biswurm – Percussion, Rap (BR)
Andreas Florek – Drums (Shape)
Oliver Hochkeppel – Keyboards (SZ, JazzZeitung)
Ulrich Habersetzer – Alto Saxophone (BR)
Roland Spiegel – Guitar, Vocals (BR)
Wolfgang Schmid – Bass, Bandleader
Special Guest: Caro Roth – Vocals, Ukulele

Die Idee stammt von Wolfgang Schmid und Katarina Ehmki, der Programmgestalterin im Bayerischen Hof München. Welche Musikkritiker würden sich trauen, auf die Bühne zu gehen, Musik zu spielen, um sich dann der Kritik der Zuhörer auszusetzen? Welcher Profimusiker würde sich auf die Höllenaufgabe einlassen, so einen zusammengewürfelten Haufen an Journalisten musikalisch anzuleiten? Einer mit einem großen Herzen und gütigen Ohren.
Auch einer, der vor Herausforderungen und Neuem nicht zurückschreckt. Einer, der viel erreicht hat, aber immer noch neugierig ist.

Vom Knabenchor ins Fernsehen

Am 11. November 1948 in Stuttgart geboren, sang Wolfgang Schmid mit zehn Jahren schon im renommierten Stuttgarter Hymnus-Knabenchor. Ende der 50er Jahre kam die Gitarre als Instrument dazu und spätestens in den 60er Jahren war Schluss mit Knabenchor.

Sängerin Gitte Hænning  | Bildquelle: picture-alliance/dpa Sängerin Gitte Hænning | Bildquelle: picture-alliance/dpa Wilde Soulmusik machte Wolfgang als Sänger und Gitarrist in unterschiedlichen Bands. Dann wurde der E-Bass sein Hauptinstrument. Er arbeitete als Tontechniker und stieg 1972 bei "Passport", der Band des Saxophonisten Klaus Doldinger, ein. Ganz unterschiedliche Gruppen gab es dann, oft aber Trios mit E-Gitarre, Schlagzeug und Wolfgang Schmids unumstößlichen Bassfundament, etwa PARADOX mit Gitarrist Bill Bickford und Schlagzeuglegende Billy Cobham oder das Trio mit Cobham und Gitarrist Peter Wölpl. 1987 gründete Wolfgang seine Band KICK; in unterschiedlichen Besetzungen existiert sie bis heute.
Darüberhinaus war er in der Fernsehsendung "Super Drumming" als Musical Director zu erleben und er war – ebenfalls als musikalischer Leiter – maßgeblich daran beteiligt, dass Sängerin Gitte Hænning ihren Weg vom Schlager hin zum Chanson und sogar Jazz fand.

Mit Vibe und Style

Verschmitzt, das ist eine Beschreibung für Wolfgangs Blick. Augen, die aus leicht zusammengekniffenen Lidern funkeln. Irgendwie immer vor Vorfreude, selbst auf eine Probe mit musikalisch mäßig talentierten Musikkritikern.
Da sitzt er dann im Keller eines Wohnhauses im Münchner Norden und hat seinen fünfsaitigen Warwick-Bass um. Er hört alles, kommentiert wenig, aber bestärkt, unterstützt, pusht und verbreitet immer einen jazztypisch guten "Vibe".

Die Turnschuhe klopfen den Beat

Dieser Mann hat auf der ganzen Welt gespielt, hat Chartplatzierungen mit seinen Kompositionen erlangt. Junge Musikerinnen und Musiker müssen eine Aufnahmeprüfung bestehen, um an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart von ihm lernen zu dürfen. Und diese Legende zeigt uns Münchner Kritikern, wie man Viertel auf den Beat richtig betont.
Seine strahlendweiße Mähne wippt dabei immer etwas auf und ab, die Chucks-Turnschuhe klopfen den Beat, auf zwei und vier natürlich. Die rote Lederjacke hängt über seinem Stuhl. Wolfgang Schmid liebt Musik, selbst, wenn sie von Laien gespielt wird. Oder noch schlimmer: von ambitionierten Laien, die auf dem Papier zu wissen meinen, wie es geht, in der Praxis aber schon beim gemeinsamen Einsatz zum Thema von "Watermelon Man" pfuschen.

Kernig, mit runder Tiefe

E-Bassist Wolfgang Schmid | Bildquelle: Ralf Dombrowski E-Bassist Wolfgang Schmid | Bildquelle: Ralf Dombrowski Diese Liebe ist nicht erlernbar, man hat sie oder nicht. Ebenso wie die Fähigkeit, das Beste aus seinen Mitmusikern herausholen zu können. Im Jazz gibt es den wunderbaren Spruch, dass Bassisten dann wirklich gut sind, wenn sie die anderen gut klingen lassen: "Make the others sound better". Das kann Wolfgang Schmid. Aber er kann auch selbst gut klingen. Kernig, mit runder Tiefe, aber auch klar definierten Mitten, so ist der Sound seines E-Basses. Hauptsache es grooved, dann ist es seine Musik und in Sachen Groove spielt er in der Champignons League neben Stars wie Marcus Miller oder Stanley Clarke.
Dass unser ewig junger Bandleader nun siebzig wird, glaubt ihm keiner, nicht auf der Bühne und auch nicht daneben. Dass er mit seiner Musik Freude verbreitet, spürt man immer an den Reaktionen seines Publikums. Dass wir Münchner Musikkritiker diese Freude als Zuhörer und als Mitmusiker erleben dürfen, ist ein großes Geschenk. Danke für Dein großes Herz und Deine gnädigen Ohren und alles Gute zum Geburtstag!

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