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Kostprobe | 22.01.2023 Ronald Brautigam spielt Klavierkonzerte von Johann Wilhelm Wilms

Johann Wilhelm Wilms – ein bislang zu Unrecht wenig bekannter Zeitgenosse Beethovens aus dem Bergischen Land: Ronald Brautigam hat zwei brillante Klavierkonzerte aus der Hand dieses Komponisten eingespielt, der zu seinen Lebzeiten äußerst gefragt war.

CD-Cover: Johann Wilhelm Wilms - Die Klavierkonzerte, Teil 2 | Bildquelle: © BIS

Bildquelle: © BIS

"Es ist nämlich eine Sucht unter den Musikliebhabern, dass sie sich bemühen, in neuen Tonstücken Reminiscencen aufzuspüren. Findet sich dann ein Gedanke, welcher mit einem anderen auch nur entfernte Ähnlichkeit hat, so heißt es gleich: Das ist von diesem, das von jenem Compositeur! Es ist aber bekannt, dass ein paar Sätze sich ziemlich ähnlich sehen und doch sehr weit voneinander verschieden sein können."

Gut, dass das an dieser Stelle mal gesagt wird. Und zwar just von dem Komponisten, der uns hier gerade mit seiner Musik aufs Glatteis führt. Neu Entdecktes aus Mendelssohns Edelfeder? Vielleicht ein unbekannter Beethoven? Könnte alles gut sein, ist aber falsch. Denn hier geht es um Johann Wilhelm Wilms, den berühmtesten Sohn des Städtchens Witzhelden im Bergischen Land, im Speckgürtel Kölns also.

Nein, kein Witz, sondern eine wundervolle Entdeckung, eine Offenbarung geradezu. Wilms war zwei Jahre jünger als Beethoven und machte vor allem in Amsterdam Karriere. E. T. A. Hoffmann war begeistert von ihm, und dass Johann Wilhelm Wilms 1816 als Ausländer sogar die Hymne des neu gegründeten Königreichs der Niederlande komponieren durfte, sagt eigentlich alles über die Wertschätzung, die er zu seiner Zeit genoss.

Spezialisten für Historische Aufführungspraxis

Ronald Brautigam hat jetzt den zweiten Teil seiner Gesamt-Einspielung der Klavierkonzerte von Johann Wilhelm Wilms vorgelegt, brillant serviert mit müheloser Eleganz auf dem Nachbau eines Hammerflügels von 1819. Begleitet wird er von der Kölner Akademie, einem Spezialisten-Orchester für die Wiedererweckung unbekannten Repertoires in historischer Aufführungspraxis. Herausgekommen ist eine Aufnahme, die man gar nicht mehr weglegen mag, so schön ist diese Musik, seelenvoll, dann wieder perlend und beflügelnd wie Champagner.

Man könnte Wilms natürlich vorwerfen, dass er nicht zu einer völlig eigenen Tonsprache gefunden hat, sondern sich – das allerdings äußerst souverän – am musikalischen Geschmack der Zeit orientierte. Auch gibt es Passagen, die einen in ihrer Ähnlichkeit mit bis heute äußerst populären Meisterwerken schmunzeln lassen:

Vielbeschäftigt und vielseitig

Naja, an Beethovens 5. Klavierkonzert kam auch damals schon keiner vorbei. Und trotzdem schmälert das nicht die Faszination von Wilms, der übrigens eher nebenbei komponierte. Denn er war als Pianist, Flötist, Organist, Privatlehrer, Gutachter und Musikkritiker eigentlich voll ausgebucht. Fazit: Diese in jeder Hinsicht tadellose Aufnahme ist ein Genuss und macht neugierig auf mehr von Johann Wilhelm Wilms, dem Bergischen Land-Ei in der Kulturmetropole Amsterdam.

Johann Wilhelm Wilms - Die Klavierkonzerte, Teil 2

Ronald Brautigam (Hammerklavier)
Kölner Akademie
Michael Alexander Willens (Leitung)
Label: BIS

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 22. Januar 2023, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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