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Air de cour Französisches Lautenlied

Da veröffentlicht ein Komponist eine Sammlung von Liedern und erfindet für seine Stücke einen eigenen Begriff, und schon ist eine neue Gattung geboren. Das "Air de cour" verbindet schöne Gedichte mit nicht allzu komplizierten Melodien.

Ölgemälde - Das Konzert Terborch, Gerard 1617-1681 | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Das Stichwort vom 7. Oktober 2018

Air de cour

Herausgeber der Sammlung ist der  Lautenist, Komponist und Verleger Adrien Le Roy, der im Vorwort seiner Sammlung erläutert: "Man hat das früher ‚Voix de ville' genannt, heutzutage nennt man es ‚Air de cour'." Dabei ist das "Voix de ville" ein Liedtypus, der wörtlich übersetzt "Stimme der Stadt" bedeutet und eher volkstümlich daherkommt. Das "Air de cour", wörtlich "Melodie des Hofes", sollte dann eher im adeligen Umfeld gefallen. Adrien Le Roy hat seine Sammlung auch einer adligen Dame gewidmet, die selbst Laute spielte: Caterine de Clermont, Gräfin von Retz.

Lyrik und Musik

Le Roy hat einige Chansons für Singstimme mit Lautenbegleitung, beispielsweise in Form einer Intavolierung, bearbeitet. Erst in der Folge entwickelt sich das Air de cour zu einer Gattung, bei der der Komponist sich ein Gedicht aussucht, zu dem er dann eine eigene Melodie mit Begleitung schreibt. In Pierre Guédrons "Bien qu'un cruel martire" lautet der Text:

Auch wenn ein grausam Marter mich gar sehr sehnen lässt
Und je mehr ich seufze, desto stärker noch mein Elend,
Doch ist der Grund dafür so schön,
Sollt ich hundertmal dahinscheiden,
Für sie, ich gar nicht wehklagen würd.

In der musikalischen Ausarbeitung sind die Airs de cour oft eher einfach angelegt - als Strophenlieder, die auch ambitionierte Amateure gut umsetzen können. Und die es den Zuhörern ermöglichen, die oft äußerst kunstvollen Gedichte gut zu verstehen.

Über den Kanal

Mag die Zielgruppe zunächst die französische Hocharistokratie gewesen sein, so werden die Airs bald doch auch anderswo gesungen: in den Städten Frankreichs genauso wie jenseits des Ärmelkanals. Robert Dowland, der Sohn des großen John Dowland, bringt 1610 in London eine Sammlung mit Liedern mit Lautenbegleitung heraus, darin sind neben englischen Stücken auch solche aus Spanien, Italien und Frankreich. In Dowlands Buch steht noch der Begriff "Airs du court", in Frankreich wird der Zusatz "de cour" immer öfter weggelassen, und die zunächst auskomponierte Lautenbegleitung weicht irgendwann dem Basso Continuo wie in den Airs de cour von Michel Lambert, die er 1689 veröffentlicht.

Sendungsthema aus "Forum Alte Musik" vom 11.01.2020, 22.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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