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Anthem Jubel- und Lobgesang der geistlichen englischen Musik

Eines der berühmtesten starken Stücke der Klassik ist ein Anthem: "Zadok the Priest". Als Hymne der Champions League kennen es alle europäischen Fußball-Fans und die Bewunderer der Musik von Georg Friedrich Händel ohnehin.

Kirchenchor Westminster Abbey von Gustav Dore | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Stichwort | 03.12.2017

Anthem

Denn Händel hat dieses Stück komponiert - vor rund dreihundert Jahren, Anno 1727, als Coronation Anthem für die Krönung des englischen Königs George II. Über zwanzig weitere Anthems hat Händel während seiner Zeit in England geschrieben, und er stellte sich damit in eine große und lange Tradition spezifischer englischer Vokalmusik: Das Anthem ist der hymnische Jubel- und Lobgesang der Musik aus England.

Full Anthem und Verse Anthem

Etymologisch leitet sich das Wort "Anthem" her vom griechischen "antíphonos" (entgegentönend, antwortend). Im Mittelalter bezeichnet es zunächst dasselbe wie Antiphon, also einen bestimmten Gesang der Messliturgie. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts steht dann Anthem in der englischen Musik für eine polyphone Vertonung eines geistlichen Texts in englischer Sprache. Bei William Byrd, Thomas Morley, Orlando Gibbons und anderen Komponisten der Zeit unterscheidet man zwei Typen von Anthems: zum einen das Full Anthem, das in der Tradition der a-cappella-Motette steht und chorisch (zum Teil auch mit Orgelbegleitung) aufgeführt wird, zum anderen das Verse Anthem; neben chorischen Partien hat es auch konzertierende Abschnitte für Solostimme (teils mit Streicherbegleitung).

Coronation Anthem

Während der Restauration, zwischen 1660 und 1710, nähert sich besonders im Schaffen von Henry Purcell das Verse Anthem dem Typus der kontinental-europäischen Kirchenkantate an: Der Verlauf ist in einzelne Sätze unterteilt, besetzt mit Solostimmen, Chören, Bläsern, Streichern und Basso continuo. Händel orientierte sich bei seinen Coronation Anthems an diesem Typus der reich besetzten Kantate. Während die Komposition der herkömmlichen Anthems in der Folge stagnierte, begründete Händel mit seinen festlich-prunkvollen Huldigungsmusiken eine ganze Tradition englischer Krönungsanthems. Sie reicht über William Boyce, Hubert Parry und Edward Elgar bis zu Healy Willan und William Walton in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Da nach Elizabeth II. bislang niemand mehr in England gekrönt wurde, entstanden nach 1953 auch vorläufig keine Coronation Anthems mehr.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 3. Dezember 2017, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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