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Stichwort - Clarino Trompetenstimme der Barockzeit

"Der Begriff Clarin kommt aus dem Trompetenensemble des 16. Jahrhunderts. In einem mehrstimmigen Trompetenensemble wurden die beiden oberen Stimmen als Clarin oder Clarim bezeichnet. Und aus dieser Begrifflichkeit hat sich später der Name für das Instrument der Naturtrompete abgeleitet, die dann Clarin, Clarino genannt wurde."

Figuren mit Trompeten in Posen | Bildquelle: Radomil

Bildquelle: Radomil

So beschreibt es Hannes Rux, seines Zeichens Barocktrompeter und begnadeter Clarinobläser. Und was ist das Besondere daran?

"Im Prinzip hat man mit der Clarintrompete eine Naturtrompete, und die hat die Töne der Naturtonreihe zur Verfügung und die entstehen durch Überblasen."

Je höher, desto diffiziler

So liegen der tiefste und der zweittiefste Ton also noch eine Oktave auseinander; der dritte ist eine Quint höher, der vierte eine Quart und so weiter, bis man in der vierten Oktave, ab dem 13. Teilton, endlich bei den chromatischen Tönen anlangt. Nur: all diese so genannten Obertöne kommen eben nur zustande, indem man Blasdruck und Lippenspannung immer weiter steigert. Das heißt: je höher es geht, desto diffiziler wird es. Landet man daneben, entstehen peinliche Kiekser. Im 16. und 17. Jahrhundert gab es denn also einerseits das trompeterische Fußvolk für die tiefen Töne, andererseits die hochgerühmten Clarinbläser für die höheren, chromatischen Sphären.

"Die Trompeter, die unten gespielt haben, die auch so lustige Namen wie Faulstimme oder Flattergrob hatten, die waren auf diese Töne spezialisiert. Im Prinzip haben die unteren beiden Stimmen immer nur einen einzigen Ton gespielt. 2,10 Die Clarinstimmen waren meistens keine notierten Stimmen, sondern haben über dem vorgegebenen Motiv, was meistens in der dritten Trompete, der so genannten Prinzipale auftauchte, improvisiert." Hannes Rux, Barocktrompeter und Clarinobläser

Privilegierte Instrumente

Dabei mussten die Trompeter die oft nicht ganz reinen Töne der Naturtonreihe mit Lippen und Luftführung noch so treiben, dass sie als stimmend empfunden wurden. Höllisch schwer! Aber lukrativ: vom frühen 16. bis gegen Mitte, Ende des 18. Jahrhunderts wurden die Clarintrompeten von Komponisten und - meist adligen - Arbeitgebern gleichermaßen als privilegierte Instrumente betrachtet, und vor allem für respräsentative und feierliche Anlässe eingesetzt. In der Renaissance noch im Ensemble, im Barock dann - etwa bei Johann Sebastian Bach - vor allem als Soloinstrumente. Und danach?

"Die absolute Hochblüte des Clarinblasens war tatsächlich sehr spät: um 1750 und ein bisschen danach noch entstanden einige der schwersten Trompetenkonzerte überhaupt: Franz Xaver Richter, Georg Reuter, Michael Haydn. Danach war dann aber auch sehr schnell komplett Ende mit der Clarinblaskunst. Sicher weil sich einerseits die Ästhetik geändert hat, aber auch weil das Instrument im Endeffekt die Bedürfnisse der Chromatik nicht befriedigen konnte. Und mit dem Untergang des Absolutismus war natürlich die königliche Trompete das falsche Symbol." Hannes Rux, Barocktrompeter und Clarinobläser

Doch zum Glück entdeckte die historische Aufführungspraxis die Barocktrompete im 20. Jahrhundert wieder - und inzwischen gibt es auch einige wenige Trompeter, die sie wieder auf höchstem Niveau spielen können! Obwohl natürlich auch bei den Besten der Besten immer etwas schief gehen kann, wie Trompeter Rux - teils aus leidvoller Erfahrung - erzählt:

"Angefangen davon, dass die Kondition für ein Stück nicht ausreicht und man schlicht und ergreifend gar nicht durchkommt, oder dass man wirklich einen Riesen-Blök-Ton produziert - das ist alles schon vorgekommen..."

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" am 4. Juni 2017, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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