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Ensalada Eine bunte spanische Mischung

Im 16. Jahrhundert erfreute sie sich in ihrem spanischen Herkunftsland ungeheurer Beliebtheit – die "Ensalada", eine mehrstimmige Vokalgattung, die bekannte Melodien und Texte nebeneinanderstellt und vermischt.

Noten-Blatt | Bildquelle: colourbox.com

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Ensalada - nicht nur Spanien-Touristen ist dieses Wort geläufig. Es bedeutet Salat oder Mischmasch, eine bunte Mischung. In der spanischen Musikgeschichte bezeichnet "Ensalada" darüber hinaus eine Gattung, die prinzipiell dem entspricht, was man in Frankreich "Fricassée" nennt, in Italien "Misticanza", in England "Medley" und im deutschsprachigen Raum "Quodlibet". Denn auch in der "Ensalada" werden Musik und Texte aller Herkunft und Machart aneinandergereiht und gemixt: kunstvolle und volkstümliche Melodien, in der Satztechnik homophon oder polyphon, weltliche und geistliche Texte, literarisch oder umgangssprachlich, dabei oft in verschiedenen Sprachen und Dialekten gehalten.

Kampf zwischen Gut und Böse

Bei allen Gemeinsamkeiten zwischen der spanischen "Ensalada" und dem deutschen "Quodlibet" gibt es drei signifikante Unterschiede. Erstens: Die Blütezeit der "Ensalada" beschränkt sich auf das 16. Jahrhundert. Zweitens: Die Ensalada ist grundsätzlich eine Gattung der Vokalmusik - auch wenn Orgel- und Vihuela-Spieler manche Stücke angesichts ihrer großen Beliebtheit ins Rein-Instrumentale transkribierten. Und drittens: Anders als das "Quodlibet" dient die "Ensalada" nicht in erster Linie der geselligen Unterhaltung. Sie ist nur in Ausnahmefällten scherzhaft und karikierend. In der Regel ist sie moralisierend. Es geht in ihr vorzugsweise um den Kampf zwischen Gut und Böse, und das Gute gewinnt.

Die "Bibel" der "Ensalada"

Der bekannteste und berühmteste Meister der "Ensalada" war Mateo Flecha der Ältere (Mateo Flecha el Viejo), ein Komponist aus dem ehemaligen Königreich Aragón in Nordspanien und Kapellmeister an der Kathedrale von Lleida, früher Lerida. Sein Neffe, Mateo Flecha der Jüngere (Mateo Flecha el Joven), publizierte 1581 in Prag eine Sammlung von "Ensaladas", die gewissermaßen die "Bibel" der Gattung repräsentiert. "Las Ensaladas de Flecha" ist sie betitelt. Neben zwei "Ensaladas" von Flecha dem Jüngeren und von einer Reihe anderer Komponisten präsentiert sie acht "Ensaladas" von Flecha dem Älteren - die meisten groß dimensioniert mit einer Aufführungsdauer zwischen zehn und zwanzig Minuten und gegliedert in mehrere Teile. "La Justa" (Das Turnier) ist eine dieser "Ensaladas" überschrieben. Erzählt wird von einem Wettkampf zwischen Adam und Luzifer, wobei Adam unterliegt. Doch dann erscheint Christus und wendet die Niederlage in einen Sieg. Am Ende schlägt der spanische Erzähltext ins Lateinisch-Liturgische um: "Laudate Dominum omnes gentes, laudate eum omnes populi."

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 20. Oktober 2019, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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