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Forlana Beschwingter italienischer Tanz seit dem 16. Jahrhundert

Noten-Blatt | Bildquelle: colourbox.com

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Stichwort | 12.06.2016

Forlana

"Es ist ein Tanz der Liebe und Lust. Jeder Schritt, jede Geste ist von schmachtender Anmut. Beschwingt von der Begleitung durch Schalmei, Tamburin und Kastagnetten, will die Tänzerin mit Lebhaftigkeit und graziösen Flinkheit die Leidenschaft des Tänzers erregen. Das Paar vereinigt sich, trennt sich, und jede Bewegung kündet von Liebe, Raffinesse und Koketterie."

So schrieb der italienische Tänzer und Choreograph des 19. Jahrhunderts Carlo Blasis über die Forlana. In Frankreich heißt sie Forlane, in Italien auch Furlana oder Friulana - Namen, die auf die Herkunft des Tanzes deuten: Er stammt aus dem Friaul, aus der Landschaft im äußersten Nordosten Italiens um die Stadt Udine. In der dortigen Volksmusik ist die Forlana ein Paartanz mit umwerbenden Schritten und Gesten - ein Werbetanz mit erotisch-sexuellen Konnotationen. Er ist lebhaft im Tempo und bewegt sich ursprünglich im geraden Zweiertakt. Ein erster Nachweis im Musikdruck findet sich am Ende des 16. Jahrhunderts in dem Tanzbuch "Danseries" von Pierre Phalèse, erschienen 1583. Es ist ein mit  "L'arboscello" betitelter "Ballo forlana".

Beliebter Hoftanz in Frankreich

Im 17. Jahrhundert profiliert sich die Forlana dann zu ihrer definitiven Ausprägung: Sie wird zu einem beschwingten Tanz im 6/8- oder 6/4-Takt mit punktierten Rhythmen und Motivwiederholungen. In dieser Gestalt wird sie zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Frankreich als Forlane ein beliebter Hoftanz, zugleich findet sie Eingang in die Cembalo- und Orchestersuite sowie in manche Opéras-Ballets - zum Beispiel in "L'Europe galante" und in "Les Fêtes Vénitiennes" von André Campra. Und auch deutsche Komponisten adaptieren die Forlane - Telemann etwa und ganz prominent Johann Sebastian Bach in seiner Ersten Orchestersuite:

Wiederbelebung im 20. Jahrhundert

Im 19. Jahrhundert ist die Forlane gänzlich aus der Mode gekommen und zu einer Antiquität geworden. Erst im Zuge der neoklassizistischen Tendenzen des 20. Jahrhunderts erweckt sie wieder Interesse. Mascagni komponiert eine Forlane, auch Ernest Chausson, und Maurice Ravel verschafft ihr um 1920 mit seiner Klavier- beziehungsweise Orchestersuite "Le Tombeau de Couperin" neue Reputation und Weltberühmtheit. Die Forlane daraus hat ihr Vorbild in der aus Couperins "Concerts royaux". Ravels Forlane - sie ist altertümlich und modern zugleich.

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