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Lied Vertonung eines Gedichts

Bis Franz Schubert seine großen Kunstlied-Zyklen komponieren konnte, hatte das Lied bereits eine lange Geschichte hinter sich.

'Eine Schubertiade bei Ritter von Spaun'.  (Schubert und der Saenger Johann Michael Vogl am Klavier). Oelskizze, 1868, von Moritz von Schwind (1804-1871) | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Stichwort | 12.07.2015

Das Lied

Im vertonten Gedicht kommen Sprache und Musik zusammen, um eine neue Einheit zu bilden: das Lied. Das Lied - ein "großes" Wort. Es steht für eine der ältesten und langlebigsten Gattungen der Musikgeschichte - viel älter als Madrigal, Oper oder Oratorium, viel älter als Konzert, Suite, Sonate oder Sinfonie. Die Ausläufer reichen vom Hohelied Salomos aus alttestamentarischer Zeit bis zum Gesangverein unserer Tage, der bittersüß das Lied vom "Griechischen Wein" singt.

EIN LIED FÜR JEDE GELEGENHEIT

Schlagerlieder, Volkslieder, Kirchenlieder, Marschlieder, Arbeiterlieder, Kunstlieder - bei aller Vielfalt der Ausprägungen ist die Gattung "Lied" dennoch streng definiert. Textlich - als ein Gedicht aus Versen und Strophen gleicher Bauart. Musikalisch - als die Vertonung eines solchen Gedichts im Zeichen von Sangbarkeit und Einfachheit. Und: Das Lied ist etwas vorrangig Desches. Die Franzosen beispielsweise sprechen diesbezüglich nicht von "Chanson" oder "Mélodie", sondern von "le lied". Aus dem Deutschen leitet sich das Wort auch her. Es kommt vom althochdeutschen "Liod", oder vom mittelhochdeutschen "Liet". Frühe Beispiele sind die einstimmigen Lieder der Minnesänger des Mittelalters.

MELODIE + BEGLEITUNG: EGAL, IN WELCHER EPOCHE

Im 15. Jahrhundert kommt das mehrstimmige Tenorlied auf, hochexpressiv und hochpoetisch - die Liedweise liegt im Tenor, polyphon umspielt von instrumentalen oder vokalen Stimmen. Um 1600 beginnt das Zeitalter des Generalbassliedes: eine sangliche Melodie plus Begleitung aus stützenden Akkorden - so lautet die einfache Paarung des Liedes im Barock.

Die Wiener Klassik kreiert schließlich das Kunstlied. Franz Schubert wird zum eigentlichen Schöpfer und zur Galionsfigur jener neuen Art von Lied, in der sich Kunst durch Kunst erklärt, das Wort durch die Musik und die Musik durch das Wort. Der Weg ins 19., 20. und ins 21. Jahrhundert war gewiesen.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 12. Juli 2015, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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