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Nikolaus Harnoncourt (1929 – 2016) Doyen der Originalklangbewegung

Er war ein Pionier der historisch informierten Spielpraxis, ohne den die Geschichte der Originalklangbewegung im 20. Jahrhundert anders verlaufen wäre. Sein Name steht für aufsehenerregende Entdeckungen und richtungsweisende Neuinterpretationen bestens bekannter Werke.

Nikolaus Harnoncourt, Österreichischer Dirigent | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Für einen Musiker ist es heute ohne große Umstände realisierbar, sich auf die "Alte Musik" zu spezialisieren. Zwar beginnen die meisten Schüler nach wie vor auf Instrumenten wie Klavier, Cello, Querflöte. Die Alte Musik ist aber mittlerweile in den Hochschulen und teils auch in den Musikschulen angekommen. Der Umstieg oder Einstieg auf Cembalo, Gambe, Barockcello und Traversflöte ist machbar. Einer, dem dafür großer Dank gilt, ist der Cellist, Gambist, Dirigent und Theoretiker Nikolaus Harnoncourt.

WIE KLINGT EINE GAMBE?

Er hat sich in den 50-er Jahren des letzten Jahrhunderts auf die Suche nach dem Originalklang gemacht. "Wir haben in den Museen Instrumente gefunden und auch anspielen können, die ganz anders als die Instrumente waren, die wir kannten, aber wunderbar fremdartige Klänge hatten, die ihren Platz in der Musik gehabt haben müssen. Und unter diesen Instrumenten war die Familie der Gamben ein ganz wichtiger Bestandteil." Nikolaus Harnoncourt

Nikolaus Harnoncourt ist ab 1952 Cellist bei den Wiener Symphonikern unter Herbert von Karajan. Gleichzeitig beginnt er, mit seiner Frau Alice und anderen Musikern Musik der damals so genannten "Vorklassik" zu spielen: Purcell, Marais, Monteverdi.

WAS PASSIERTE VOR MOZART?

Zunächst im "Wiener Gambenquartett", später auch in größerer Besetzung. Die tritt 1957 erstmals im Palais Schwarzenberg in Wien auf und trägt den Namen "Concentus Musicus". Fortan ist es sein Ensemble, mit dem er Weltruhm erlangt, mit dem er seinen Ruf als eine der einflussreichsten Persönlichkeiten in der Alten Musik- Szene untermauert. Für das er und seine Frau unermüdlich in Bibliotheken stöbern. Immer auf der Suche nach bislang unentdeckter Musik. Und auf der Suche nach dem, was diese Musik wirklich meint, und wie sie so zum Klingen gebracht werden kann, dass sie auch heutzutage begeistert.

WAS BEDEUTEN DIE NOTEN?

"Ich glaube, dass jeder Musiker im Grunde auch ein Forscher ist. Ich erklär mir den Forschergeist aus der Art und Weise, wie Musik aufgeschrieben ist. Diese schwarzen Punkte und Ringe auf fünf Linien sind ja rätselhaft. Ohne Forschergeist kann man die schon mal gar nicht entschlüsseln. Denn die abendländische Notation, die spricht von Ideen. Sie drückt weder die Tonhöhe noch die Tondauer noch das Tempo wirklich genau aus. Das heißt, es ist eine riesige Gebrauchsanweisung notwendig, um diese Noten richtig zu lesen, weil sich die Bedeutung der Noten in jeder Generation ändert." Nikolaus Harnoncourt

Am 5. Dezember 2015 (Mozarts Todestag) gab Harnoncourt bekannt, sich ab sofort von der Bühne zurückzuziehen. Drei Monate danach, am 5. März 2016, ist er gestorben. Seine Ideen leben weiter, nicht nur im Concentus Musicus, dessen künstlerische Leitung nun in den Händen langjähriger Weggefährten liegt.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 5. März 2017, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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