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Orchésographie Lehrwerk für die Tänze der ausgehenden Renaissance

Tanzendes Paar - Kupferstich von Giacomo Franco (1550-1620) | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Das Stichwort vom 10.11.2019

Orchésographie

Wie kann man schriftlich weitergeben, wie ein Branle oder eine Pavane getanzt werden? Thoinot Arbeau hat's versucht und eine "Tanz-Tabulatur" entwickelt.

Capriol: "Ich komme zu Euch voller Respekt, Monsieur Arbeau. (…) Ich denke, ich sollte die Fähigkeit zum Tanz erwerben während der Stunden, die meine ernsthaften Studien unterbrechen; eine Leistung, die meine Gesellschaft für alle angenehm machen würde."

Arbeau: "Das ist ganz einfach, indem Ihr französische Bücher lest, um Euren Geist zu schärfen und indem Ihr Fechten, Tanzen und Tennis lernt auf dass Ihr ein angenehmer Begleiter für Frauen ebenso wie für Männer werdet."

So beginnt die "Orchésographie", das Buch, das Jehan Tabourot 1589 veröffentlicht und das Gesellschafts- und Bühnentänze wie Galliarden, Bransles, Basse-danses, Tourdions oder Canaries enthält. Er schreibt aus der Perspektive des tanzbegeisterten Laien, nicht aus der eines Tanzmeisters.

PSEUDONYM  "ARBEAU"

In Tabourots Familie gibt es viele Architekten und Schriftsteller; er selbst steht im Kirchendienst und bringt sein Buch unter dem Anagramm Thoinot Arbeau heraus.

Die "Orchésographie" ist als didaktisches Zwiegespräch zwischen Arbeau und seinem Schüler Capriol angelegt, was höchst unterhaltsam zu lesen ist. Sie enthält Bilder, die das Beschriebene anschaulich machen, außerdem notiert Arbeau die genauen Schrittfolgen mittels einer Tanz-Tabulatur. Hierfür dreht er die Notenzeile um 90 Grad nach links und notiert rechts daneben die Schritte.

"Schritt links - Schritt rechts - zurück: Schritt rechts - Schritt links"

Die meisten Tänze in der "Orchésographie" sind einstimmig. Manchen ist ein Rhythmus beigegeben, mit dem ein Trommler den Tanz begleiten kann. Einzig die Pavane "Belle qui tiens ma vie" ist vierstimmig.

Capriol: "Diese Pavane ist zu ernst und langsam, um sie alleine mit einem jungen Mädchen zu tanzen."

Arbeau: "Die Musiker spielen sie manchmal schneller (…), und so nimmt sie das moderate Tempo einer Basse-danse an und wird "Passamezzo" genannt."

GETROMMELTER RHYTHMUS

Capriol: "Müssen die Trommel und die Flöte unbedingt gespielt werden in Pavanen und Basse-danses?"

Arbeau: "Nein, es sei denn, man möchte das so. Man kann sie auf Streichinstrumenten, auf Spinetten, Traversflöten oder Flöten mit neun Löchern spielen, auf Oboen und auf allen möglichen Instrumenten. Sie können sogar gesungen werden. Aber die Trommel mit ihrem regelmäßigen Rhythmus ist eine immense Hilfe, um die Füße in die korrekte Position zu bringen, die für die Tanzschritte nötig ist."

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 10. November 2019, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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