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Philippe Verdelot Wegbereiter des Madrigals

Umsturz, Belagerungen und Seuchen – in diesen turbulenten Zeiten leitete er die Kirchenmusik in Florenz: Philippe Verdelot. Die poetische, leidenschaftliche Gegenwelt zur Realität erschuf er in seinen wegweisenden Madrigalen.

Dom in Florenz | Bildquelle: colourbox.com

Bildquelle: colourbox.com

Als Philippe Verdelot wohl um 1520 nach Florenz kam, tobte in der Stadt ein Machtkampf zwischen der herrschenden Fürstenfamilie der Medici und republikanisch gesinnten Politikern und Denkern wie Niccolo Macchiavelli.

IM POLITISCHEN DICKICHT

Philippe Verdelot war den Medici vom Vatikan empfohlen worden und so gelangte er schnell in die höchste kirchenmusikalische Stellung in Florenz: Er wurde zum maestro di capella am Dom Santa Maria del Fiore ernannt. Er hat aber wohl auch engen Umgang mit den Kreisen der republikanischen Opposition gepflegt. Darauf deuten etliche Madrigale auf Texte von Medici-Gegnern wie Macchiavelli hin.

1527 brach in Florenz die Revolte der Republikaner aus und sie vertrieben die Medici und ihre Anhänger aus der Stadt. Doch der Papst, selbst ein Medici, ließ mit Unterstützung des römisch-deutschen Kaisers Florenz belagern. Drei Jahre lang herrschten in der Stadt Chaos, Hunger und Krankheiten. In dieser Zeit verlieren sich die Spuren von Philippe Verdelot. Vermutlich hat er die Turbulenzen jener Jahre nicht überlebt.

PIONIER DES MADRIGALS

Philippe Verdelot stammte wahrscheinlich aus dem Dorf Verdelot 75 Kilometer östlich von Paris. Über sein Leben vor der Ankunft in Florenz gibt es kaum gesicherte Fakten. Überhaupt erfuhr sein Schaffen erst posthum breite Wertschätzung. Denn in Italien schwärmten die Menschen von einer ganz neuen Gattung: vom Madrigal. Und Verdelot war einer der Pioniere dieser Novität.

SÜß UND SCHMERZLICH

Er entwickelte seine Madrigale aus älteren Liedformen, doch sind sie vollständig durchkomponiert. Eine seiner Neuerungen bestand darin, dass er die einfachen, liedhaften Perioden durch gezielte, dezent eingesetzte Klangmalereien anreicherte - mit Ihnen unterstrich er den poetischen und emotionalen Gehalt des Textes. So etwa im Madrigal "Con suave parlar": Als dem lyrischen Ich die schmerzlich vermisste Geliebte im Traum erscheint, löst sich der zuvor regelmäßige Rhythmus in Synkopen auf. Eine schlanke Tonsprache, kombiniert mit einer äußerst filigranen Art der musikalischen Textausdeutung - das sind die Markenzeichen von Philippe Verdelots Madrigalen. Damit setzte er für gut zwei Generationen die Maßstäbe.

Sendungsthema aus "Forum Alte Musik" vom 13. Februar 2021, 22.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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