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Stichwort - Silvius Leopold Weiss Vollender der Lautenmusik

Silvius Leopold Weiss | Bildquelle: Bibliotheque Nationale de France

Bildquelle: Bibliotheque Nationale de France

Das Stichwort vom 14. Februar 2016

Silvius Leopold Weiss

Tatsächlich ist es belegt, dass ihm ein Kollege, der französische Violinist Petit, im Streit versuchte die Daumenspitze abzubeißen. Das misslang - zum Glück - und nach einiger Zeit konnte Silvius Leopold Weiss wieder auf gewohntem Niveau präludieren. Der Neid war allerdings gerechtfertigt. Denn wie groß sein Ruf als überragender Lautenvirtuose war und wie besonders seine Stellung am Dresdner Hofe, lässt sich gut am ungewöhnlich hohen Gehalt ablesen. Ab 1744 war Weiss hier sogar der bestbezahlte Instrumentalist.

Dresden - Hofkirche und Schloss | Bildquelle: picture-alliance/dpa Bildquelle: picture-alliance/dpa Der 1687 in Schlesien geborene Weiss lernte das Lautenspiel von seinem Vater. Nach anfänglichen Anstellungen, die ihn auch für einige Zeit nach Rom führten, wo er viele bekannte Musiker wie z.B. Vater und Sohn Scarlatti kennenlernte, wurde er dann 1718 nach Dresden an die in ganz Europa berühmte Hofkapelle berufen. Weiss spielte hier vor allem Solo-Konzerte, war aber wohl auch als Continuo-Spieler an vielen Ensemble-Aufführungen beteiligt. Luise Gottsched, die ihn gut kannte, schwärmte von den klanglichen Qualitäten seines Spiels in Gottscheds Handlexicon von 1760:

Sein Anschlag war sehr sanft; man hörete ihn, und wußte nicht, wo die Töne herkamen. Im Fantasieren war er unvergleichlich; das Piano und Forte hatte er vollkommen in seiner Gewalt. Kurz er war Herr seines Instruments, und konnte damit alles machen, was er wollte. Seine Aufsätze bestehen in Solo, Trio, großen Concerten, Tombeaux; worunter das auf den Grafen Lochi [Logy] unverbesserlich ist.

Synthese aus  französischen und italienischen Einflüssen

Weiss war auch ein fähiger Komponist. Er schrieb fast ausschließlich in der Form der barocken Suite, die er als Suonate oder Partie bezeichnete. Sein Stil war, wie auch bei Johann Sebastian Bach, eine typisch deutsche Synthese aus  französischen und italienischen Einflüssen. Beide Musiker haben sich vermutlich auch näher gekannt. Noch 1805 wird von einem ihrer Zusammentreffen berichtet:

Wer die Schwierigkeiten der Laute für harmonische Ausweichungen und gut ausgeführte Sätze kennt, der muß erstaunen und kann es kaum glauben, wenn Augen- und Ohrenzeugen versichern, daß der große Dresdner Lautenist Weisse mit Sebastian Bach, der auch als Clavier- und Orgelspieler groß war, in die Wette phantasiert und Fugensätze ausgeführt hat.

Ein Zeitalter ging zu Ende

Nicht nur die Qualität, auch der Umfang der kompositorische Hinterlassenschaft von Weiss ist herausragend. Etwa 650 Werke für Laute solo sind heute bekannt. Allerdings sind diese Stücke bis auf wenige Ausnahmen nur handschriftlich überliefert. Wie viele große Virtuosen hatte auch Weiss Angst, man könnte ihm seine Geheimnisse stehlen. Wer seine Art zu spielen lernen wollte, sollte zu ihm kommen, denn Weiss unterrichtete auch sehr viel. Er starb 1750 in Dresden, und die Welt verlor nach damaliger und auch heutiger Einschätzung den wohl bedeutendsten - und auch letzten Lautenisten. Mit Silvius Leopold Weiss ging das große Zeitalter der Laute zu Ende.

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