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Stichwort - Sturm und Drang Tempo und Leidenschaft im 18. Jahrhundert

André Linman und Joel Wendlin von "Sturm und Drang" beim Popkalaset 2011 in Ekenäs, Finnland | Bildquelle: Alexander Granholm

Bildquelle: Alexander Granholm

Das Stürmen und Drängen in rasendem Tempo und wilder Expression, es durchzieht die gesamte Musikgeschichte - von den rituellen Tänzen archaischer Kulturen bis zu den Exzessen der Rockmusik unserer Tage. Bezeichnenderweise nennt sich eine 2004 gegründete Heavy-Metal-Band aus Finnland "Sturm und Drang". Die Musikgeschichtsschreibung hat die Formel "Sturm und Drang" aber auch als Stilbegriff zur Beschreibung musikalischer Phänomene in den Jahrzehnten zwischen 1765 und 1785, zwischen Vorklassik und Klassik, angewendet. Und wie fast alle musikalischen Stil- und Epochenbegriffe stammt er aus einer anderen Kunstgattung. In diesem Fall aus der Literaturgeschichte.

Freiheit des Gefühls

"Sturm und Drang" - so heißt ein ursprünglich "Wirrwarr" betiteltes Theaterstück von Friedrich Maximilian Klinger. Es erschien 1776 und gab dem literarischen Stil seinen Namen gab. Getragen wurde er von jungen Autoren. Die Freiheit des Gefühls war ihnen wichtiger als das Diktat des Intellekts: "Emotio" statt "Ratio".

Die Stimme des Herzens ist ausschlaggebend für die vernünftige Entscheidung.
Johann Gottfried Herder

So formulierte es Johann Gottfried Herder, eine Galionsfigur der Theorie des "Sturm und Drang". Schlüsselwerke der Praxis sind Goethes Dramen "Götz von Berlichingen" und "Stella" sowie der Briefroman "Die Leiden des jungen Werther", später auch noch Schillers Dramen "Die Räuber" und "Kabale und Liebe".

Exaltierter Ausdruck

Das Ausbrechen des literarischen "Sturm und Drang" aus eingefahrenen Bahnen, sein experimenteller Charakter, sein emotionaler Impetus mit der neuen Betonung von Gefühl und Phantasie - all dies kann man auch in der Musik der Zeit spüren. Vor Joseph Haydn, Johann Baptist Vanhal und dem jungen Mozart ist der Bach-Sohn Carl Philipp Emanuel der eigentliche Protagonist des musikalischen "Sturm und Drang". Seine Markenzeichen sind: Nervöse Tremoli, panische Synkopen, herbe Unisoni, abrupte Wechsel zwischen Piano und Forte, das Unberechenbare. Tempo und Leidenschaft - Sturm und Drang.

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