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Thomas Morley Spion und Organist

Ein Berg in der Antarktis ist nach ihm benannt und lange vor James Bond spionierte er für die englische Krone. Doch eigentlich steht sein Name für englische Madrigalkunst erster Güte: Thomas Morley.

Schrift von Thomas Morley (1558-1602) "A Plaine and Easie Introduction to Practicall Musicke" | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Das Stichwort vom 28. April 2019

Thomas Morley

Es ist wohl sein berühmtestes Stück, wenn nicht vielleicht sogar das berühmteste englische Madrigal überhaupt: "Now is the month of Maying". Thomas Morley hat es 1595 veröffentlicht. Der doppeldeutige Text, der auf eben nur vermeintlich unschuldige Weise die Ankunft des Wonnemonats Mai besingt, das tänzerische Metrum und der unbekümmerte Falalalala-Refrain: all das sind Merkmale, die den unverwechselbaren Charakter des englischen Madrigals ausmachen. Morley hat es mit seinen Gattungsbeiträgen nachhaltig geprägt hat und so ganz wesentlich zu einer Blüte der englischen Vokalmusik im 16. Jahrhundert beigetragen.

Musikalisches Nationalheiligtum

Thomas Morley war ein Zeitgenosse Shakespeares und Schüler von William Byrd. Von ihm erbte er nach dessen Tod auch ein königliches Druckprivileg, das sein wirtschaftliches Auskommen sicherte. Er war Organist an der St. Pauls Cathedral und später Mitglied der königlichen Kapelle. Außerdem ging er einer ungewöhnlich anmutenden Nebentätigkeit nach: als Spion. Allerdings war ihm dabei weniger Glück beschieden. Während einer kirchenpolitisch motivierten Spionage-Aktion in den Niederlanden flog er auf. Doch blieb der Vorfall für ihn offenbar ohne ernste Konsequenzen.

Gelegentlich verfasste Morley auch Instrumentalmusik, etwa für die spezifisch englische Besetzung des broken consort. Aber das Madrigal wurde zu seinem Markenzeichen. In England gilt er seither als musikalisches Nationalheiligtum.

Mount Morley in der Antarktis

In den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts benannte ein englischer Geograph einen Berg auf einer antarktischen Insel nach Morley. Anders als sein Geburtsjahr, das nur ungefähr angegeben werden kann, nämlich mit 1557 oder 58, lässt sich dessen Höhe exakt bestimmen: der Mount Morley misst genau 1550m. Der höchste Berg der Insel ist übrigens der nach Morleys Zeitgenossen und Musikerkollegen John Wilbye benannte Mount Wilbye und überragt den Mount Morley um 500m. Aber das ist wieder eine andere Geschichte…

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 28. April 2019, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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