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Das Arcis Saxophon Quartett Vier Hörner für ein Hallelujah

Warum lohnt es sich, bei einem Streichquartett in die Lehre zu gehen? Warum ist das Tenor-Saxophon wie das Salz in der Suppe? Und warum führt man plötzlich Interviews mit Musikerkollegen? Ein Gespräch mit Ricarda Fuss und Claus Hierluksch vom Arcis Saxophon Quartett.

Arcis Saxophon Quartett | Bildquelle: Diar Nedamaldeen

Bildquelle: Diar Nedamaldeen

BR-KLASSIK: Ihr habt einen sogenannten "Chamber Talk" auf YouTube - und zwar macht Ihr da Interviews, für die Ihr andere Musiker einladet, zum Beispiel das Armida-Quartett. Ist das deswegen gekommen, weil wir Euch immer so komische Fragen stellen?

Ricarda Fuss: Nein, das war eigentlich nicht so. Wir kamen auf die Idee, weil wir erst mal nach etwas gesucht haben, was uns von anderen Ensembles ein bisschen abhebt. Wir werden durch die European Chamber Music Academy (ECMA) gefördert, und da sitzt man am Abend einfach zusammen und trinkt ein Gläschen Wein mit den Dozenten. Und die erzählen dann immer Geschichten aus ihrem Leben. Nicht nur aus ihrem Musikeralltag, sondern auch aus ihrem Privatleben. Und da saßen wir zum Beispiel mit Hatto Beyerle, dem ehemaligen Bratschisten vom Alban Berg Quartett. Da dachten wir uns: Das wär doch jetzt super, wenn man einfach ein Aufnahmegerät dabei hätte und eine Kamera draufhielte und das auch für andere Leute konservierte. Man könnte doch ein Format entwickeln und vor allem auch diese Kammermusikwelt für andere Leute zugänglich machen.

"Chamber-Talk" mit Hatto Beyerle

BR-KLASSIK: Am Ende von diesen "Chamber Talks" gibt’s immer eine sogenannte "Sax-Challenge". Das bedeutet, dass die Gäste das Saxophon in die Hand gedrückt bekommen und loslegen müssen. Ist das Saxophon so einfach zu handhaben, dass es praktisch jeder spielen kann?

Das Saxophon ist ein Instrument, das am Anfang recht einfach ist.

Claus Hierluksch: Zumindest einen Ton kriegt man auf jeden Fall raus, das haben wir bis jetzt bei jedem geschafft. Manche bringen sofort etwas raus, manche brauchen ein bisschen, eine kurze Anleitung, aber innerhalb von ein paar Sekunden funktioniert das bei jedem. Ich würde auch sagen: Das Saxophon ist ein Instrument, das am Anfang recht einfach ist, man versteht das System, auch die Finger sind anfangs eigentlich sehr logisch angeordnet. Aber wie immer im Leben: Je mehr man sich mit etwas beschäftigt, desto komplizierter wird es auch, desto mehr Facetten kann man entdecken. Das Saxophon ist von der Bauweise her ein nicht sehr ausgereiftes Instrument und hat viele Macken - die dann unter Kontrolle zu bringen, das ist wirklich sehr schwer.

Das Arcis Saxophon Quartett im Konzert

Oberstdorfer Musiksommer - Donnerstag, 11. August 2016, 20.00 Uhr, Naturhotel Chesa Valisa Kleinwalsertal

  • György Ligeti: Sechs Bagatellen
  • Alexander Glazunov: Quartett für 4 Saxophone op. 109
  • Ferenc Farkas: Alte ungarische Tänze
  • Fabien Levy: Durch, in memoriam G. Grisey
  • George Gershwin: "Porgy and Bess"-Suite

Eintrittspreis: 25 €

BR-KLASSIK: Ihr habt Euch 2009 an der Hochschule in München beim Studieren kennengelernt, und seit dieser Zeit spielt Ihr zusammen Ensemblemusik, und dann - und das finde ich interessant - seid Ihr 2013 zum Masterstudiengang nach Berlin gegangen und habt beim Artemis-Quartett gelernt. Also, man macht zu viert Saxophon-Musik und geht dann zu einem klassischen Streichquartett. Was nimmt man denn da mit? 

Ricarda Fuss: Es geht eigentlich nur um Interpretation und Musik. Also es wird einfach über Musik geredet, auf höchstem Niveau. Und wie wir das dann auf unseren Saxophonen verwirklichen können, und wie weit wir dann an die Vorstellungen der Streichquartett-Kollegen herankommen, das bleibt natürlich uns überlassen. Wir haben aber auch vom Artemis-Quartett ganz viel über das Leben im Quartett gelernt und wie man auch fernab von der Bühne miteinander umgeht. Wie man sich seine Freiräume schafft, und über das Verhalten zueinander.

Das Arcis Saxophon Quartett spielt Ligeti

Man sitzt mitten im Klang und kann von dort aus gestalten.

BR-KLASSIK: Wenn man Euch anschaut, dann sind Sopran und Bariton Männer, und Alt und Tenor die Frauen - auf Fotos sieht das auch ganz nett aus, die beiden Damen umrahmt von den beiden Herren. Bei Mozart, sagt man, sind die Mittelstimmen das ganz Entscheidende, ohne die Mittelstimmen kann man die ganze Interpretation knicken. Sind die Mittelstimmen bei Euch auch das Entscheidende?

Claus Hierluksch: Ja, das würde ich auch so sagen. Ich glaube, wir haben nie das Problem wie bei den Streichquartetten, die vielleicht in frühen Haydn-Quartetten eine ganz andere Aufteilung haben, wo es ganz klar eine erste Stimme gibt, dann noch den Bass, und die Mitte ist so etwas wie eine Füllstimme, wenn ich das jetzt sehr negativ formulieren darf. Das Problem haben wir nicht, weil schon ab der Romantik gibt es das eigentlich nicht mehr, da sind fast alle Stimmen gleichwertig. Natürlich ist die Melodiestimme größtenteils immer eine Melodiestimme, aber die anderen sind so kontrapunktisch geführt oder übernehmen auch andere Parts, dass die Frage gar nicht auftaucht. Ich finde zum Beispiel: Die Bratsche, das wär' jetzt bei uns das Tenorsaxophon, das ist das Salz in der Suppe, oder das was die Farbe ausmacht. Man sitzt mitten im Klang und kann von dort aus gestalten - das andere ist der Rahmen. Kann man sehen wie man möchte, aber für mich ist dieser Kern des Klangs immer sehr zentral.

Das Interview führte Annika Täuschel für BR-KLASSIK.

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