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Festspielgeige von Salzburg - Versteigerung für fast 50.000 Euro Eine Geige aus alten Kirchenbalken

Sechs Wochen lang arbeitete die Wiener Geigenbaumeisterin Julia Maria Pasch während der Salzburger Festspiele an ihrer Festspielgeige. In einer Salzburger Galerie - also in der Öffentlichkeit. Gelernt hat Pasch ihr Handwerk in der bayerischen Geigenbaumetropole Mittenwald. Und auch das Holz für die Geige hat eine bayerische Seele: Es stammt aus dem während des Zweiten Weltkriegs zerstörten Dachstuhl der Münchner Frauenkirche und ist mindestens 500 Jahre alt. Nun wurde die Geige an einen anonymen Mäzen versteigert. Ein Interview mit der Erbauerin des besonderen Instruments.

Geigenbauerin Julia Maria Pasch | Bildquelle: BR/Nadja Pfeiffer

Bildquelle: BR/Nadja Pfeiffer

BR-KLASSIK: Julia Maria Pasch, Sie haben während der diesjährigen Salzburger Festspiele eine Geige gebaut. Ist das in sechs Wochen überhaupt zu bewältigen?

Julia Maria Pasch: Ja, aber es war natürlich zwischendurch schon auch viel los. Ich musste mich sehr auf die Arbeit fokussieren und hab eigentlich keine Pausen gemacht.

BR-KLASSIK: Muss eine Geige nicht zwischendurch auch ruhen, damit sie trocknen kann?

Julia Maria Pasch: Eigentlich muss nur der Lack trocknen. Und natürlich gibt es auch Leimzeiten, aber wenn ich zum Beispiel die Decke geleimt habe, kann ich dann danach an der Schnecke arbeiten. Das hält einen nicht so auf. Aber was hier in Salzburg tatsächlich schwierig war - schwieriger noch als in meiner Werkstatt in Wien - ist die feuchte Luft. Die hat die Trockenzeiten des Lacks verlängert. Und so musste ich die Geige bei einem noch nicht gut durchgetrockneten Lack spielbar machen. Aber dass ein Lack wirklich durchhärtet, ist sowieso ein Prozess von Jahren.

BR-KLASSIK: Sie haben die Geige in der Salzburger Rudolf Budja Galerie gebaut - also in der Öffentlichkeit. Hat das die Arbeitsabläufe erschwert oder fanden Sie es inspirierend?

Julia Maria Pasch: Inspirierend ist es für mich immer, wenn Musiker kommen. Und das war während der Salzburger Festspiele natürlich der Fall. Ich hatte auch zwei Geigen zum Ausprobieren dabei. Dadurch war ich mit den Musikern ständig im Gespräch über Klang - den, den ich erschaffe, oder den, den die Musiker suchen. Das ist unglaublich inspirierend. Natürlich gab es auch die normalen Galeriebesucher, die wegen der Kunst kommen. Aber ich habe mir inzwischen einen Tunnelblick angeeignet, wenn ich arbeite - auch wenn dauernd Leute rein und raus gehen.

BR-KLASSIK: Die Decke der Geige haben Sie aus 500 Jahre altem Holz erbaut. Es gehörte früher zum Dachstuhl der Münchner Frauenkirche. Wie ging es Ihnen, als Sie die Geige zum ersten Mal gehört haben?

Julia Maria Pasch: Das ist bei jeder Geige immer ein erhebender Moment, eine Belohnung für die getane Arbeit. Und es ist auch immer sehr interessant, in welche Richtung der Charakter eines Instruments dann ausschlägt. Das ist immer mit einer kleinen Überraschung verbunden. Diese Geige jetzt ist sehr hell, sie strahlt sehr solistisch. Und das mit dem 500 Jahre alten Deckenholz werde ich auch weiterhin probieren - bei verschiedenen Modellen. Ich will sehen, ob sich da wirklich eine Linie ergibt. Die Frage ist ja, ob das 500 Jahre alte Holz einen Einfluss auf den Klang hat. Das werde ich jetzt erproben.

BR-KLASSIK: Am Samstag wurde Ihre Festspielgeige nun versteigert. Gab es auch Musiker, die das Instrument vorher ausprobiert haben?

Julia Maria Pasch: Das war nicht möglich, weil die Zeit sehr knapp bemessen war. Die Geige wurde fertig fünf Minuten bevor die Geigerin kam, um sie anzuspielen und bei dem kleinen Konzert vor der Versteigerung vorzustellen. Aus dem Grund war auch klar, dass das Instrument eher in die Hände eines Mäzens gehen würde als in die Hände eines Musikers. Danach haben dann schon ein paar Musiker die Geige ausprobiert, zum Beispiel der Konzertmeister der Wiener Philharmoniker. Und hinzu kommt natürlich auch die Sache mit dem Holz, die alle neugierig macht.

die-heimkehr-einer-geige | Bildquelle: Bayerischer Rundfunk

Bildquelle: Bayerischer Rundfunk

Besuch bei Julia Maria Pasch in der Rudolf Budja Galerie Salzburg

Klangeinstellung mit Geiger Dalibor Karvay

BR-KLASSIK: Das Instrument hat ein anonymer Mäzen ersteigert. Sind Sie zufrieden?

Julia Maria Pasch: Wie gesagt: Ich habe nicht erwartet, dass es ein Musiker kauft. Und es ist schön, dass der Mäzen sich dazu hat hinreißen lassen, wesentlich mehr als meinen genannten Preis dafür auszugeben. Das ist eine schöne Anerkennung. Mit Steuern und dem Aufschlag für die "Herzkinder" in Bolivien hat die Geige 48.100 Euro gebracht (10 Prozent des Auktions-Erlöses gehen an ein Hilfsprojekt, das herzkranke Kinder in Bolivien unterstützt, Anm. der Red.).

BR-KLASSIK: Der Mäzen war bei der Auktion unter den Telefonbietern. Hat er das Instrument vorher überhaupt gehört?

Eine Violinistin und ihre Violine während des ARD Musikwettbewerbs in den Proberäumen der Hochschule für Musik und Theater in München. | Bildquelle: BR/Fabian Stoffers Friederike Starkloff, Konzertmeisterin der NDR Radiophilharmonie, nimmt am ARD-Musikwettbewerb 2017 teil - mit einer Geige von Julia Maria Pasch | Bildquelle: BR/Fabian Stoffers Julia Maria Pasch: Nein, er hat darauf gesetzt, dass die Geige sehr gut klingen wird. Er hat gesagt, er finde die ganze Geschichte, wie die Geige entstanden ist, und überhaupt die Idee, in ein so neues, frisches Instrument zu investieren, großartig. Deswegen werde er sie kaufen, ohne sie gehört zu haben. Er war aber vorher da und hat gesehen, wie die Geige entstanden ist. Und er erzählte, er könne selbst gar nicht spielen. Aber er sagte: Wenn das ein tolles Instrument ist, dann suchen wir jetzt jemanden, der das zu schätzen weiß und darauf spielen kann.

BR-KLASSIK: Das heißt, diese Festspielgeige bekommt jetzt ein Künstler zur Verfügung gestellt?

Julia Maria Pasch: Ja, denn das entspricht auch der Intention des Mäzens. Er hat sich einfach gewünscht, dieses Instrument zu haben. Aber ein Instrument lebt erst in dem Moment, wo es auch gespielt wird.

Die Fragen stellte Susanna Felix für BR-KLASSIK.

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