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Die Musik zum neuen Münchner Tatort "Hardcore" mit zarten Klängen

Die Münchner Kriminalhauptkommissare Batic und Leitmayr, gespielt von Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl, ermitteln im neuen Tatort in einem Fall um eine tote Pornodarstellerin. Für Filmkomponist Richard Ruzicka ist "Hardcore" bereits der dritte Tatort, davon der zweite aus München. Im Interview verrät der junge Musiker, welchem Komponisten er die Tatort-Musik auch zugetraut hätte.

BR-KLASSIK: Filmmusik, die Spannung erzeugt, das kann man sich so ungefähr vorstellen. Das sind meistens sehr kleine Intervalle. Das hat man irgendwie im Ohr. Bei Filmmusik, die romantische Gefühle erzeugt, da assoziiert man immer jede Menge Streicher. Im kommenden Tatort geht’s um Pornographie. Wie illustriert man Pornographie mit Musik?

Richard Ruzicka: Erstmal muss man ganz von Pornographie wegdenken und sich auf den Kern der Geschichte beziehen. Da stehen Gefühle im Vordergrund. Es ist quasi eine ganz normale Handlung, bloß dass es eben auch um Pornographie geht. Anfangs gab es viele Überlegungen, wie man darauf eingeht. Eignet sich vielleicht etwas Lustiges, weil es viele lustige Szenen gibt: Wenn die Kommissare über irgendwas Pornographisches sprechen - und das passt irgendwie nicht zu denen. Dann war noch eine Überlegung: geht man ganz weg vom Thema und erzählt kontrapunktisch mit der Musik. Es gab auch den Gedanken, komplett nur Kammermusik zu machen für den Film. Das hat nicht so ganz funktioniert, das war ein Kunstgriff zu viel. Und dann sind wir darauf gekommen, dass die Filmmusik ganz normale Aufgaben erfüllen muss, wie in jedem anderen Film. Das heißt, auf Emotionen eingehen und die Spannung zwischen den Figuren erzählen - und das darf man auf keinen Fall vergessen. Und die Filmmusik ist auch sehr zart, weil es doch um zarte Gefühle geht. Der Film ist hart und spannend genug, also war es genau das, was dem Film gefehlt hat: zarte Klänge.

BR-KLASSIK: Komponieren Sie am Computer, am Klavier, haben Sie eine Partitur?

Richard Ruzicka: Für den Tatort habe ich vorwiegend am Computer gearbeitet. Es ist eine sehr elektronische Musik mit vielen akustischen Klangfarben, die ich beispielsweise mit Streichinstrumenten selber eingespielt und dann elektronisch noch verwertet habe.

Tatort - "Hardcore"

Das Erste, 8. Oktober 2017 20:15 Uhr

BR-KLASSIK: Wie würden Sie die Klangfarben für die "Hardcore"-Musik beschreiben?

Richard Ruzicka: Die Klänge gehen in eine streicherähnliche Richtung, aber ich habe aufgepasst, dass es nicht zu plakativ Filmmusik wird - weil das Thema etwas Besonderes verträgt. Darüber haben wir viel geredet mit dem Regisseur. Dass die Filmmusik ein paar Ecken und Kanten braucht, um zu diesem Thema zu passen. Das heißt, man kann sich die Filmmusik sehr flächig und sphärisch vorstellen, mit einzelnen, zarten Tönen in der Melodie.

BR-KLASSIK: Welche Macht hat eigentlich die Musik in so einem Film? Schauen Sie sich den Film, den sie vertont haben, manchmal auch ohne Musik an?

Richard Ruzicka  | Bildquelle: BR Richard Ruzicka im Studio | Bildquelle: BR Richard Ruzicka: Ja - die erste Fassung, die ich bekommen habe. Ich hatte das Glück, dass sie weitgehend ohne Musik war, denn oft legen Regisseure auch schon Fremdmusiken an, um ein Gespür fürs Schneiden zu bekommen. Das ist gar nicht notwendig, und es ist total befreiend für den Musiker, wenn eben keine Musiken unter den Bilder liegen, weil man sich den Film dann roh anschauen kann und sofort spüren kann, was der Film wo braucht. Wo brauche ich Tempo, wo brauche ich Fläche, wo gehe ich auf Emotion, wo gehe ich auf Spannung. Das sind Überlegungen, die man sich während des Schauens macht. Die Musik hat viel Macht: den Film aufzuwerten oder auch kaputt zu machen. Deshalb ist ein gutes Gespür essentiell.

BR-KLASSIK: Welcher klassische Komponist würde sich für den Tatort "Hardcore" eignen?

Richard Ruzicka: Da würde ich sagen: Arvo Pärt. Weil er genau diese Zartheit in den Klängen hat, die dieser Film benötigt. Von daher wäre das wahrscheinlich meine Wahl.

Die Fragen stellte Sylvia Schreiber für BR-KLASSIK.

(Das Gespräch wurde für die bessere Lesbarkeit leicht an die Schriftsprache angepasst.)

Sendung: "Leporello" am 05. Oktober 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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