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Gespräch mit Ivo Pogorelich Was klassische Musiker hören sollten

Er macht wenig Aufsehen um sich und würde selbst gerne öfters in Konzerte gehen: Ivo Pogorelich. Wenn der Pianist ein neues Land bereist, nimmt er es auch musikalisch unter die Lupe. Eine Musikrichtung hat es ihm besonders angetan.

Bildquelle: Malcolm Crowthers

Gespräch mit Ivo Pogorelich

Was klassische Musiker hören sollten

BR-KLASSIK: Auf der Bühne versuchen Sie, möglichst wenig Aufsehen zu erregen. In einem Interview mit meiner Kollegin haben Sie gesagt, dass es Ihnen ums Zuhören geht, dass Sie ihr Publikum nicht von der Musik selbst ablenken wollen. Was ist dann doch der Reiz für Sie, Konzerte zu geben?

Ivo Pogorelich: Live-Konzerte haben einfach eine besondere Atmosphäre. Es ist auch jedes Mal anders: Man hat immer ein anderes Klavier, einen anderen Saal und man fühlt sich auch selbst jedes Mal anders. Das ist zwar einerseits eine Herausforderung, aber es bringt auch eine Dynamik in ein Live-Konzert, die einzigartig ist und nicht wiederholt werden kann.

BR-KLASSIK: Gehen Sie selbst in Konzerte?

Ivo Pogorelich: Ich würde gerne in Konzerte gehen, habe aber zu wenig Zeit. Dafür genieße ich Musik. Ich mag ganz besonders populäre Musik, wie Volksmusik. Wenn ich zum ersten Mal in ein neues Land reise, dann versuche ich, die ursprüngliche Musik des jeweiligen Landes kennenzulernen. In einigen Ländern ist diese Tradition erhalten geblieben. Manchmal erlebe ich auch wirklich interessante Sachen im Fernsehen: interessante Rhythmen und Tänze.

BR-KLASSIK: Was haben Sie da auf Ihrer Suche nach Volksmusik entdeckt?

Ivo Pogorelich: Jede Musik basiert auf Volksmusik. Wenn Sie zum Beispiel an Beethoven oder Schubert denken - auch sie haben immer Musik aus dem Volk aufgegriffen. Es ist ja bekannt, dass sie diese authentische Musik untersucht und angehört haben, wie die Dorfbewohner gesungen und getanzt haben.

Ivo Pogorelich in München

20. Februar 2016, 20.00 Uhr
Herkulessaal der Münchner Residenz
Klavierabend mit Werken von Beethoven, Schumann, Debussy, Granados und Rachmaninoff

BR-KLASSIK: Beeinflusst das Ihr Spiel? Versuchen Sie da auch zu dem Ursprünglichen eine Verbindung herzustellen?

Ivo Pogorelich: Nein, das mache ich nicht. Aber ich denke, dass es für einen klassisch ausgebildeten Musiker auch einmal ganz gesund ist, Erfahrungen mit den Rhythmen, der Sprache und dem Ausdruck der Volksmusik zu sammeln. Bei meinen Konzerten in Deutschland werde ich auch drei spanische Tänze von Enrique Granados vorstellen. Die Motive kommen aus verschiedenen Teilen Spaniens. Und das kennen wir auch: Wir versuchen, diese Unmittelbarkeit und diesen Effekt zu erreichen, den sehr gute populäre Sänger und Tänzer einfach haben, wenn sie unsere Aufmerksamkeit gewinnen wollen. Das ist etwas, was klassische Musiker von Zeit zu Zeit einfach hören sollten.

BR-KLASSIK: Auf Ihrem Programm in München stehen Werke von Beethoven und Schumann, aber eben auch die drei spanischen Tänze. Und ich habe gelesen, dass Sie auch Spanienliebhaber sind. Stimmt das?

Ivo Pogorelich: Ich mag Spanien sehr. Ich denke, dass Spanien der Welt sehr viel geschenkt hat - auch kulturell, besonders im Hinblick auf die Kunst. Es ist ein Land, das mich sehr anspricht. Wenn ich es besuche, ist das immer eine Bereicherung für mich. Dasselbe gilt aber auch für viele andere Länder. Es ist einfach so, dass ihre Musik entsprechend Beachtung finden sollte.

Das Interview führte Kathrin Hasselbeck für BR-KLASSIK.

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