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Strauss' "Ein Heldenleben" – vier Aufnahmen im Vergleich Avantgardistisches Selbstporträt

"Ein Heldenleben"? Eigentlich hätte Richard Strauss seine Tondichtung auch "Mein Heldenleben" nennen können, so unverholen, wie er hier sich selbst zitiert. Doch das "Heldenleben" ist weit mehr als musikalische Selbstbespiegelung. Robert Jungwirth hat sich – anlässlich der Sendung "Interpretationen im Vergleich" am 24. September – einige Aufnahmen kritisch angehört.

Komponist und Dirigent Richard Strauss | Bildquelle: picture alliance / Mary Evans Picture Library

Bildquelle: picture alliance / Mary Evans Picture Library

Auch wenn Richard Strauss für den Titel seiner Tondichtung "Ein Heldenleben" den unbestimmten Artikel gewählt hat, so ahnten seine Zeitgenossen doch, dass es sich bei dem hier porträtierten Helden wohl zu einem Gutteil um den Komponisten selbst handelt. Den Hinweis dafür gab Strauss indirekt durch die Verwendung von Zitaten aus früheren eigenen Werken. Strauss inszenierte sich in seinem 1897 bis 1898 entstandenen Werk als musikalischen Helden, der es mit seinen Widersachern – den Musik-Banausen im Publikum und natürlich unter den Kritikern – aufnimmt und sich ihnen kämpferisch entgegenstellt. So kann man das Werk deuten.

Überaus moderne Musiksprache

Aber Richard Strauss war eine viel zu kluge und weltläufige Persönlichkeit, als dass er sich nur selbstgerecht in Szene setzen wollte. Tatsächlich ging es ihm viel allgemeiner um die Stellung des Künstlers in der Gesellschaft, die letztlich immer eine Außenseiterposition ist. Mehr noch als in den vorangegangenen Werken des Komponisten ist "Ein Heldenleben" geprägt von einer überaus modernen, weit ins 20. Jahrhundert vorausweisenden Musiksprache, die Strauss zur Speerspitze der musikalischen Avantgarde in Deutschland machte.

Die Aufnahmen – Orosco-Estrada: schwungvolle Frische

Die Aufnahme von Andrés Orozco-Estrada mit dem hr-Sinfonieorchester zeichnet sich durch schwungvolle Frische aus. Die "Widersacher" erscheinen allerdings zunächst etwas harmlos gezeichnet, später wird es martialischer. Der Orchesterklang tendiert mitunter etwas zu einem Cinemascope-Sound.

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Strauss: Ein Heldenleben ∙ hr-Sinfonieorchester ∙ Andrés Orozco-Estrada | Bildquelle: hr-Sinfonieorchester – Frankfurt Radio Symphony (via YouTube)

Strauss: Ein Heldenleben ∙ hr-Sinfonieorchester ∙ Andrés Orozco-Estrada

Herbert von Karajan: gemessen und abgeklärt

Herbert von Karajan lässt die Tondichtung recht gemessen und abgeklärt spielen. Vom Schwung und der Energetik des heldenhaften Hauptthemas ist hier nicht viel zu spüren. Sicherlich keine Referenzaufnahme trotz des großen Namens.

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Strauss - Ein Heldenleben, Op 40 - Karajan | Bildquelle: Cantus 5 (via YouTube)

Strauss - Ein Heldenleben, Op 40 - Karajan

Valery Gergiev: Strauss-Kompetenz aus München

Valery Gergiev kann sich in seiner Aufnahme mit den Münchner Philharmonikern auf die Strauss-Kompetenz des Orchesters verlassen. Die Aufnahme überzeugt durch einen hervorragenden Orchesterklang sowohl in der Breite als auch in den kammermusikalischen Passagen. Trotz des insgesamt runden Klangs werden Details und Konturen sehr gut hörbar. Außerordentlich gelungen.

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Richard STRAUSS - Ein Heldenleben - Munich Philharmonic Orchestra - Valery Gergiev | Bildquelle: telmondis (via YouTube)

Richard STRAUSS - Ein Heldenleben - Munich Philharmonic Orchestra - Valery Gergiev

Mariss Jansons: Überzeugende Steigerungen

Mariss Jansons bremst das Stück trotz sehr guter Musikerleistungen etwas aus, zelebriert es ein wenig zu sehr und vernachlässigt dadurch den dramatischen Impuls der "Handlung". Verschiedene Steigerungen gelingen dennoch sehr gut.

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Strauss "Ein Heldenleben", op. 40 – Mariss Jansons | Bildquelle: tvratte (via YouTube)

Strauss "Ein Heldenleben", op. 40 -- Mariss Jansons

Sendung: "Interpretationen im Vergleich" am 24. September 2019 ab 20.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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