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Deutsche Weihnachtslieder erklärt "Es ist ein Ros entsprungen"

Die Melodie des weltweit gesungenen deutschen Weihnachtslieds "Es ist ein Ros entsprungen" findet sich erstmals 1599 in einem katholischen Kirchengesangbuch des Bistums Speyer, dem "Speyrer Gesangbuch". Weder der Komponist noch der Textdichter sind bekannt. Den heute bekannten vierstimmigen Satz schuf der Protestant Michael Praetorius.

Eiskristalle haben sich auf einer Rosenblüte gebildet. | Bildquelle: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jens Büttner

Bildquelle: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jens Büttner

Singt uns das Lied tatsächlich von der Christrose, die mitten im Winter im kalten Schnee blüht? Mitnichten. Mit dem Wort "Ros" hat sich der unbekannte Dichter eine kleine Freiheit erlaubt. Richtig müsste es nämlich nicht "Ros" heißen, sondern "Reis". Ein Reis ist ein Zweiglein, und wenn viele solcher Zweiglein auf einem Haufen sind, nennt man das heute noch "Reisig". Sowohl die Textzeile "Es ist ein Reis entsprungen" als auch die ganze erste Strophe des Lieds beziehen sich auf einen Vers des Alten Testaments, in dem der Prophet Jesaja das Erscheinen des Messias vorhersagt. Dort heißt es, er werde aus dem Geschlecht des Königs David kommen, dessen Vater Jesse hieß: "Und ein Reis wird hervorgehen aus dem Stamme Jesse, und ein Schössling aus seinen Wurzeln wird Frucht bringen."

Mit und ohne Gottesmutter Maria

In der ersten Strophe stellt der Textdichter sein Rätsel, in der zweiten bringt er die Auflösung. Allerdings hat er in der Auflösungsstrophe ein kleines Problem verursacht. Er hat in den Text die Muttergottes hineingeschmuggelt, die beim Propheten Jesaja nicht vorkommt. Und daran haben sich die lutherischen Gläubigen, die das Lied auch gern singen wollten, gestört. So hat Michael Praetorius, als er das Lied im Jahr 1609 in eines seiner Gesangsbücher aufgenommen hat, einfach diese kleine Textstelle korrigiert. Seitdem existiert das Lied in zwei Textversionen, einer katholischen und einer protestantischen.

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Es ist ein Ros´ entsprungen - Die Regensburger Domspatzen | Bildquelle: bistumregensburg (via YouTube)

Es ist ein Ros´ entsprungen - Die Regensburger Domspatzen

Botanische Verwirrung

Und was ist nun mit der Blume, die uns hierzulande tatsächlich mitten im Winter im kalten Schnee erblüht? Von der ist hier gar nicht die Rede. Vielleicht hat sie den Anstoß zu der Textdichtung gegeben, allerdings ist der Dichter dann einer botanischen Verwirrung erlegen. Unsere schöne Christrose nämlich, die tatsächlich ein wenig aussieht wie eine Heckenrose, ist gar keine Rose, sondern eine Nieswurz, aus deren Wurzel man Niespulver herstellen kann.

Weitere Erklärungen zur Herkunft und Bedeutung volkstümlicher Lieder hat das Magazin "Mittagsmusik" für Sie zusammengestellt. Zur Übersicht.

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