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"Drei Männer im Schnee" am Münchner Gärtnerplatztheater Kästner-Vertonung mit Ohrwurm-Potenzial

Am 31. Januar ist es so weit. Am Münchner Gärtnerplatztheater hebt sich der Vorhang für eine absolute Rarität im Musiktheater: die Uraufführung einer neuen Operette. Die Vorlage ist Erich Kästners Roman "Drei Männer im Schnee", bekannt auch als Verfilmung. Die letzten Bühnenproben laufen, und die Spannung steigt.

Revueoperette "Drei Männer im Schnee" - Live aus dem Gärtnerplatztheater München | Bildquelle: © Christian POGO Zach

Bildquelle: © Christian POGO Zach

Der Regisseur und Intendant des Münchner Staatstheaters am Gärtnerplatz, Josef Köpplinger, steht kurz vor dem Absprung: "Ich vergleiche so eine Uraufführung immer mit einem Sprung von einem Trampolin über einer Bergspitze, wo eine Nebellandschaft ist", sagt Köpplinger. "Und wir hoffen alle, dass da unten ein schönes weiches Federbett ist, wo wir landen".

Mit Lust und Leidenschaft

Eine nagelneue Revueoperette im Stil der Dreißigerjahre hat Köpplinger vor rund drei Jahren bei dem Musikkabarettisten und Librettisten Thomas Pigor in Auftrag gegeben. Und Pigor hat sich drei weitere Musiker mit ins Boot geholt, um Erich Kästners heiteren Roman "Drei Männer im Schnee" aus dem Jahr 1934 in eine Operette Baujahr 2019 zu verwandeln: seinen langjährigen Bühnenpartner Benedikt Eichhorn, den Pianisten und Arrangeur Christoph Israel, mit dem Pigor bereits eine Neufassung der Offenbach-Operette "Orpheus in der Unterwelt" geschrieben hat, und den Jazz-Spezialisten Konrad Koselleck, der sich mit Lust und Leidenschaft für alle Musikstile an die Hauptarbeit gemacht hat, die unterschiedlichen Musiknummern für großes Orchester im passenden Sound zu arrangieren. "20er Jahre-Sound, Brecht, Weill, Ufa-Sound, ungarischer-Sound, Schrammelmusik - das kommt alles zusammen in dieser Operette", freut sich Koselleck. "Es macht ein riesiges Vergnügen, die Musik zu präsentieren, wie sie damals war – aber auch, sie zu vermischen, sodass dass auf einmal die Zither einen orientalischen Sound kriegt und im Finale dann alles durcheinandergeworfen wird."

Musikalisch macht die Rolle großen Spaß, weil sie einen großen Umfang im wahrsten Sinne fordert.
Sängerin Julia Klotz über die Rolle der Hilde Tobler

Gesellschaftskritik hinter heiterer Fassade

Revueoperette "Drei Männer im Schnee" - Live aus dem Gärtnerplatztheater München | Bildquelle: © Christian POGO Zach Szene aus "Drei Männer im Schnee" | Bildquelle: © Christian POGO Zach Die neue Revue-Operette "Drei Männer im Schnee" liefert also einen bunten Stilmix aus der Zeit, in der Erich Kästner – bereits von den Nazis verboten – seinen Roman geschrieben hat. Er birgt hinter der heiteren Fassade nicht wenig Gesellschaftskritik vor allem an der Bedeutung von Geld. Thomas Pigor lässt das Stück in der Zeit, hat Kästners Stoff aber leicht bearbeitet, um den Zündstoff stärker unter die Lupe zu nehmen und ihn etwas zu aktualisieren. Die weibliche Hauptrolle der Hilde Tobler bekommt beispielsweise ein wesentlich schärferes und emanzipierteres Profil, findet Julia Klotz: "Sie ist blond – aber es ist eher ein kühles blond, weil sie eine sehr toughe, moderne Frau für ihre Zeit ist", erklärt die Sängerin. "Musikalisch macht die Rolle großen Spaß, weil sie einen großen Umfang im wahrsten Sinne fordert: Von den höchsten operettigen Lachtönen bis hin zu wirklich schnodderigem Chanson und Swing."

Nächster Oktoberfest-Hit?

Spielort ist ein Luxushotel in den Alpen, und natürlich gibt es dort illustre, sehr unterschiedliche Gäste aus aller Welt. Aber es geht auch um Wintersport. So kommen sich der Preisausschreibengewinner Fritz Hagedorn und die Millionärstochter Hilde Tobler in einer steckengebliebenen Gondel unfreiwillig näher. Das ist einerseits eine Herausforderung für die Bühnentechnik und andererseits die Lieblingsszene von Armin Kahl, der den Fritz Hagedorn spielt:  "Am Anfang ist da noch diese Zickigkeit von Hilde und auch von Fritz, und dann bringt sie dieses Wintergewitter, diese kleine Katastrophe zusammen", erklärt Kahl. "Letztlich entdecken sie Gemeinsamkeiten und denken sich Erfindungen aus, die vielleicht in Zukunft das Leben erleichtern. Dieses Duett heißt wie der Berg: 'Der Wolkenstein', und das wird vielleicht der nächste Oktoberfest-Hit, denn das geht eher so in Richtung Blasmusik."

Das ist wirklich virtuos, witzig und auch sehr gekonnt. Ich habe das noch nie auf der Bühne erlebt.
Dirigent Andreas Kowalewitz über die Ski-Nummer in 'Drei Männer im Schnee'

Ohrwürmer und Ski-Choreografie

Das außergewöhnliche Ohrwurm-Potenzial dieser neuen Revue-Operette konnte niemand vorausahnen; mittlerweile versuchen alle Beteiligten – angefangen beim Intendanten und Regisseur Josef Köpplinger über die Solisten bis hin zum Dirigenten Andreas Kowalewitz –, sich der sie hartnäckig verfolgenden Melodien wieder zu entledigen. "Man ist mal froh, wenn man einen Ohrwurm in die Schublade getan hat, aber wo ich am meisten Spaß habe, ist die Ski-Nummer, in der das Ensemble auf Holz-Skiern steht und eine entzückende Choreografie von Adam Cooper realisiert. Das ist wirklich virtuos, witzig und auch sehr gekonnt. Ich habe das noch nie auf der Bühne erlebt. Darauf freue ich mich jeden Tag!"

Informationen zum Stück

"Drei Männer im Schnee"
Revueoperette von Thomas Pigor
Nach dem Roman von Erich Kästner
Musik von Konrad Koselleck, Christoph Israel, Benedikt Eichhorn und Thomas Pigor

Uraufführung am 31. Januar 2019, 19:30 Uhr
München, Gärtnerplatztheater

Mehr zu Besetzung und Terminen finden Sie auf der Homepage des Theaters.

Sendung: 31. Januar 2019 ab 19:00 Uhr auf BR-KLASSIK – Uraufführung live aus dem Gärtnerplatz

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