Der fünfte BR-KLASSIK -"Operetten-Frosch" für die Spielzeit 2024/2025 geht das MusikTheater an der Wien für "Das Spitzentuch der Königin"von Johann Strauß. Inszeniert von Christian Thausing. Der Preis schließt die Nominierung für den Spielzeit-Frosch 2024/2025" ein.
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"Das Spitzentuch der Königin" von Johann Strauß im MusikTheater an der Wien - inszeniert von Christian Thausing
Los geht´s
... mit einem Karussell, oder besser einem Ringelspiel, wie die Wiener sagen, nicht unbedingt originell, aber sehr wirkungsvoll. Es passt jedenfalls zur um sich selbst kreisenden Dramaturgie der etwas verworrenen Handlung rund um den Dichter Cervantes, vor allem wenn es im letzten Akt zur Windmühle mutiert.
Verblüffend:
... wie viel Offenbach im Walzerkönig steckt. Das Libretto ist zwar nicht unbedingt auf dem Niveau von Meilhac und Halévy, bietet dafür aber eine durch und durch satirische Geschichte, die im Märchengewand daherkommt wie schon Jacques Offenbachs Reise zum Mond. Hier freilich geht es zuerst einmal ums Essen, der einzigen Leidenschaft des jungen Königs von Portugal. Statt zu regieren schwärmt er von der Trüffelpastete seiner Frau. Weil sie ihm aber das Rezept nicht verrät, ist er böse auf sie, was sie wenig kümmert, vergnügt sie sich lieber mit dem Dichter Cervantes. Der will hier aber den König dazu bringen, selbst zu regieren und endlich dem fiesen Premierminister Villalobos das Regierungshandwerk zu legen, was Villalobos wiederum mit allen Mitteln zu verhindern versucht. Verwirrend, aber 1880 bei der Uraufführung als Satire auf Kronprinz Rudolf gemeint.
Überzeugend:
... wie es Regisseur Christian Thausing schafft, das völlig unbekannte Stück zum einen so ziemlich in Originalgestalt zu präsentieren – und das zum anderen auch noch sehr parodistisch, indem er die historischen Figuren sehr heutig agieren lässt und gegebenenfalls den Text aktualisiert, wenn etwa der Premierminister in seinem Couplet davon träumt, "Volkskanzler" zu werden…
Bildquelle: © BR-Klassik Operetten-Boulevard
Hinreissend:
... die grotesk überzeichnete, stilisierte Spielweise, die Regisseur Christian Thausing und Choreographin Evamaria Mayer für diese Operette gefunden haben, so körperbetont und musikalisch, dass man oft nicht weiß, wo die Regie endet und die Choreographie beginnt. So ist alles im Fluss der Musik, auch die Akteure: Michael Laurenz liefert als korrupter Premierminister ein sängerschauspielerisches Kabinettstückchen ab. Von Alexander Strömer als Kriegsminister bis zur königlichen Damenriege - alle beherrschen sie den ganz normalen Operettenwahnsinn. Don Quijote lässt grüßen, nur Cervantes, bei Maximilian Mayer ein charmanter Haudegen, behält den Überblick, während die Königin von Elissa Huber als herrlich schräge hysterische Zicke durch die mäandernde Story taumelt und Diana Haller als dickbauchiger verfressener König keine Peinlichkeit scheut.
Erstaunlich:
... wie die Inszenierung, obwohl es ihr eher um pointiertes Spiel als um Wohlklang geht, mit der überraschend vielseitigen Musik harmoniert. Abgesehen von all den Walzermotiven, die Strauß später für Rosen aus dem Süden verwendet hat, gibt es wunderbar parodistische Nummern wie man sie bei ihm nie vermuten würde. Und so setzt auch das Wiener Kammerorchester unter Martynas Stakionis weniger auf Wohlklang als auf Schmiss. Das passt zur exaltierten Motorik der Inszenierung, die auch den beherzt agierenden Arnold Schönberg-Chor mitreißt und das wunderbare höfische Tanzensemble in Tiermasken. Überhaupt ist die Vintage-Ausstattung von Okarina Peter und Timo Dentler eine Pracht, die Kostüme historisch, aber leicht verfremdet, passend zur Regie. Doch was Thausing aus dieser Operette und ihrer verworrenen Handlung gemacht hat, ist aller Ehren einer Wiederentdeckung wert.
Sei kein Frosch, küss ihn: Das Team vom BR-Klassik Operettenboulevard ist begeistert und gratuliert dem MusikTheater an der Wien zu großem Operettenmut!
Inszenierung: Christian Thausing
Musikalische Leitung: Martynas Strakionis
Bühne und Kostüm: Timo Dentler, Okarina Peter
Choreographie: Evamaria Mayer