Der achte BR-KLASSIK -"Operetten-Frosch" für die Spielzeit 2024/2025 geht an die Opéra national du Rhin in Strasbourg für "Giuditta". Inszeniert von Pierre-André Weitz. Der Preis schließt die Nominierung für den Spielzeit-Frosch 2024/2025" ein.
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"Giuditta" von Franz Lehár an die Opéra du Rhin in Strasbourg - inszeniert von Pierre-André Weitz
Los geht´s – nichtwie bei Lehár mit einem sizilianischen Fischerdorf – sondern mit einen großen Jahrmarkt im Stil von Carnés Filmklassiker Les enfants du paradis: große Plakate versprechen artistische Attraktionen und szenische Sensationen - ein Theater der Leidenschaft: amour fou und chant de liberté zugleich.
Überzeugend
... wie Pierre-André Weitz das Stück künstlerisch ernst nimmt: weder Operette noch Oper, sondern großes Welttheater, wurde Giuditta doch als eines der ersten Werke des Musiktheaters vom Kino inspiriert, genauer gesagt von Marlene Dietrichs erstem Hollywood-Film Morroco - in dem sie Gary Cooper um den Verstand bringt. So wird auch Giuditta zur Geschichte einer amour fou einer marokkanischen Chansonnette mit einem Offizier der Fremdenlegion.
Hinreißend:
Die Zirkuswelt zu Beginn: Artisten bevölkern die Bühne, machen Kunststückchen - alle Figuren stammen aus diesem Milieu, was ihnen gleich eine größere Plausibilität verleiht: das Buffopaar Anita und - hier: Serafin sind Clowns, Giudittas Mann Manuele dressiert Vögel und hält seine Frau in einem goldenen Käfig gefangen - sehr symbolisch, aber schlüssig. Befreit wird sie von Octavio, hier Capitain der Fremdenlegion, der die männlich konnotierte Gegenwelt verkörpert.
Bildquelle: ©BR-KLASSIK Operetten-Boulevard
Überwältigend
... wie die Kino-Ästhetik mit gemalten Prospekten, die aussehen wie Filmplakate, funktioniert: Zirkuszelte mit Pferden im Schattenriss, große Ozeandampfer, Wüstenoasen, ein prächtiger Art Déco-Nachtclub mit Kostümen im Stil der Zeit, d.h. schwarze Spitze, Korsetts und Strapse - so heteronorm wie man sich das in Deutschland nicht mehr trauen würde. Nur Monsieur Ibrahim tritt in Frauenkleidern auf - dazu ein halbnackter Hochseil-Artist als Neptun in einem Meer von Liebe.
Glaubwürdig
... wie Melody Louledjian als Giuditta ihren Wandel von der Zirkusartistin zur gefeierten Tänzerin und Kurtisane spielt. Auch ihr Partner Thomas Bettinger als Octavio überzeugt darstellerisch und sieht in Maske und Statur aus wie Richard Tauber. Sandrine Buendia und Sahia Ratia sind ein agiles, fast schon artistisches Buffopaar und auch die komischen Nebenrollen haben jene Leichtigkeit, mit der in Frankreich Operette gespielt wird - besonders schön beim Couplet von Jacques Verzier.
Berührend
... wie sich im letzten Bild das ganze Stück verdichtet: das Wiedersehen der beiden Liebenden, ihre Resignation - das ist wirklich ergreifend, vor allem im Kontrast zur ausgelassenen Gesellschaft, die Anitas und Serafins Hochzeit feiert. Und als makabere Pointe trägt Giudittas neuer Liebhaber - passend zur Uraufführungszeit - eine Hakenkreuzbinde.
Sei kein Frosch, küss ihn: Das Team vom BR-Klassik Operettenboulevard ist begeistert und gratuliert der Opéra du Rhin Strasbourg zu großem Operettenmut!
Musikalische Leitung: Thomas Rösner
Inszenierung, Bühne, Kostüme: Pierre-André Weitz
Choreographie: Ivo Bauchiero