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Peter Lohmeyers Opernrolle als Bassa Selim "Was machen die Sänger da?"

Zum ersten Mal in seiner Karriere übernimmt der beliebte Theater- und Filmschauspieler Peter Lohmeyer in Lyon eine Opernrolle. Mit BR-KLASSIK sprach der Opernneuling über seine Sprechpartie des Bassa Selim in Mozarts "Entführung aus dem Serail".

Schauspieler Peter Lohmeyer | Bildquelle: dpa/Joern Pollex

Bildquelle: dpa/Joern Pollex

BR-KLASSIK: Herr Lohmeyer, das erste Mal Oper: Ist das ein alter Traum von Ihnen?

Peter Lohmeyer: Ach, ich habe so viele Träume. Der stand jetzt nicht ganz vorne, aber es ist passiert. Als die Anfrage kam, habe ich nicht lange überlegen müssen. Den Regisseur Wajdi Mouawad habe ich in Paris getroffen und es war eine sehr gute erste Begegnung. Das ist mir immer wichtig. Abgesehen davon, dass ich die "Entführung aus dem Serail" kannte und wissen wollte, was er für einen Zugang dazu hat. Und dann stand "Die Entführung" plötzlich auf meiner Agenda, weil ich mir dachte: Komm, Oper - das hast du noch nie gemacht. Das ist ja etwas Fremdes, obwohl es für uns Theaterschauspieler eigentlich so nah ist, wenn man an einem Dreispartenhaus arbeitet. In Stuttgart habe ich das zum Beispiel erlebt, oder bei den Salzburger Festspielen - da singen die in der Garderobe herum und man denkt: Was machen die da? Die singen sich eben ein. Und jetzt lerne ich es selbst kennen.

BR-KLASSIK: Sie haben gesagt: Oper ist dann doch anders. Was ist denn genau anders?

Peter Lohmeyer: Naja, beim Schauspielern hat man nicht so viel Zeit, Sachen zu proben und auszuprobieren. Schlussendlich ist es so, dass die Sänger die Partien oft schon an anderen Häusern gesungen haben. Klar, der Gesang steht eben im Vordergrund, und da muss man sich unterordnen. Ich fühle mich wohl dabei, aber schon ein bisschen wie ein Betrachter - und bin ab und zu ganz glücklich, dass man mir zuhört auf der Bühne. Das ist dann ganz überraschend, wenn alle ruhig sind. Was mich sehr freut, ist, dass die Opernstars, die ja dabei sind, ganz toll mit einem spielen, auch wenn das Sprechen nicht deren eigentliche Ausdrucksform ist. Sie fühlen sich eben viel sicherer im Gesang. Da kommen zwei unterschiedliche Arten zusammen: zu spielen und sich Geschichten zu erzählen. Das ist wahnsinnig spannend.

BR-KLASSIK: Sie haben also schon das Gefühl, im Ensemble eine spezielle Figur zu sein? Sie sind ja kein Sänger, sondern Schauspieler. Was die Regieanweisungen angeht - haben Sie dann auch andere Dinge zu tun als der Rest?

Peter Lohmeyer: Nein, andere Dinge zu tun habe ich nicht. Man kennt das ja nicht, dass in einem Schiller oder einem Shakespeare zwischendurch jemand auf der Bühne steht und eine Arie schmettert. Also muss man dazu eine Haltung haben: Man spielt vorher eine Szene, in dem Fall mit Konstanze, und nachher geht die Szene weiter. Und während dieser Arie - was macht man da?

BR-KLASSIK: Da stoppt die Zeit - wie überrücken Sie das?

Peter Lohmeyer: Die Zeit stoppt eben nicht, wenn man weiß, was man spielt. Auch im Theater sitzt man manchmal in der Ecke, während ein Kollege einen Monolog hält. Aber es ist halt eine andere Aufmerksamkeit. Es ist auch nicht sonderlich schwer, die Spannung zu halten, wenn man professionell dabei ist und wenn der Regisseur weiß, was er will. Und schlussendlich ist es ja auch nicht "Die Entführung aus dem Serail" wie sie tausend Mal gezeigt wird, sondern es ist "Die Entführung" mit einem neu bearbeiteten Libretto - eine ganz andere Geschichte, die viel reichhaltiger ist. Das ist schon etwas Besonderes.

BR-KLASSIK: Wie ist es, mit Sängern zusammen zu arbeiten - im Vergleich zu Schauspielern? Sind Sie auch ein bisschen neidisch, dass da noch eine andere Ausdrucksart dazu kommt? Singen sie selbst?

Peter Lohmeyer: Ja, ich singe auch selber. Ab Herbst bin ich wieder auf Tour mit Bukowski-Lyrik, da stehe ich dann auch auf der Bühne und singe. Natürlich keine Koloraturen, ich bin ja auch kein ausgebildeter Sänger. Von der Erde bis zum Mond: So weit bin ich entfernt von den Menschen, mit denen ich gerade zusammenarbeite. Aber das ist einfach wahnsinnig beeindruckend. Neid wäre da jetzt Blödsinn, ich bin einfach beeindruckt. Aber natürlich auch nicht so, dass ich Angst bekomme, den Mund aufzumachen, wenn ich den nächsten Satz sagen muss. Es ist einfach sensationell, wenn man an so einem "Klangkörper" lehnt - ob das jetzt die Konstanze ist, oder Osmin, der Bariton. Diese Körper - was die können, das ist der Wahnsinn. Die laufen im Prinzip jeden Abend einen Marathon, das ist mit Schauspiel nicht zu vergleichen - höchstens vielleicht, wenn man jeden Abend den Hamlet in einer Fünf-Stunden-Inszenierung spielen würde. Deswegen ist ja auch immer ein Tag Pause zwischen diesen Vorstellungen. Aber als Theaterschauspieler bräuchte ich keinen ganzen Tag frei, das macht mich eigentlich nur irre.

Das Gespräch führte Kathrin Hasselbeck für BR-KLASSIK.

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