Mit viel Ambition, Hilfe aus der Bevölkerung und der Leidenschaft des Dirigenten und Komponisten Wolfgang Schmid hat es die Oper ins Westallgäu geschafft: Auf der Kurhausbühne präsentiert sein Opern-Projekt jetzt Mozarts "Entführung aus dem Serail".
Bildquelle: Kurhaus Scheidegg
Jetzt Opernbühne - das Kurhaus Scheidegg
Der Dirigent, Pianist und Komponist Wolfgang Schmid hat zwei Heimatorte: Graz, die Landeshauptstadt der Steiermark, wo er bis vor einigen Jahren eine Professur an der Kunstuniversität innehatte, und den Luftkurort Scheidegg im Westallgäu, nicht weit von Lindau und Bregenz. Hier hatten seine Eltern vor über einem halben Jahrhundert ein Anwesen erworben, und hier hat sich Schmid nach seiner Emeritierung einen Lebenstraum erfüllt: die Aufführung einer Oper.
Mit Claudio Monteverdis "Rückkehr des Odysseus" gelang es ihm vor fünf Jahren, einen ganzen Ort für klassisches Musiktheater zu begeistern. Für die Regie hat Schmid den gebürtigen Berliner Alexander Irmer, einen Mitstreiter aus Graz, gewonnen. Das junge Sängerensemble ist international, in dem kleinen Orchester spielen auch Musiker aus der Region. Mit Hilfe eines Vereins, einiger Sponsoren und viel Unterstützung aus der Bevölkerung stemmte man vor drei Jahren erfolgreich eine zweite Produktion, eine Händel-Oper. Und jetzt geht das ambitionierte Opernprojekt in die dritte Runde: mit Mozarts "Entführung aus dem Serail".
Dass sein Traum in Erfüllung gehen konnte, dafür waren zwei "stabile Positionen" ausschlaggebend, wie Wolfgang Schmidt es nennt: Die eine war der Bürgermeister von Scheidegg, die andere er selbst. Der Mittsiebzieger ist musikalisch kompetent, mutig - und durchsetzungsfähig, wenn es hart auf hart geht. Basisdemokratisch muss es nicht zugehen, denn einer sollte das Steuer in die Hand nehmen.
Es ist auch ein kleiner pädagogischer Ansatz. Für die Menschen hier ist Oper normalerweise fremd.
Nina-Maria Fischer | Bildquelle: Nina-Maria Fischer
Inzwischen hat sich die Opernwüste Scheidegg in eine fruchtbare Oase gewandelt - in der man sprudelnde Quellen und Dattelpalmen allerdings vergeblich sucht, obwohl Mozarts "Entführung" im Orient spielt. Der Etat in Scheidegg ist klein; und die einfache Kurhausbühne erlaubt keine inszenatorischen Zauberkunststücke. Deshalb konzentriert sich die Inszenierung auch auf das "Menschendrama". Bei dem es um Mozart geht, sagt Regisseur Alexander Irmer. Und der orientalische Hintergrund habe ungefähr so viel Bedeutung wie das Ägyptische in der Aida oder das Spanische in der Carmen.
Ein Menschendrama - bewegend, dramatisch, expressiv. Die Berlinerin Nina-Maria Fischer singt die Konstanze. Eine Rolle, die total an die Substanz gehe. Sie sei von ihr bis ins Mark erschüttert. Das fange mit den Arien an: eine Berg- und Talfahrt. Und in den Ensembles gehe es später genau so weiter.
Oper in Scheidegg: Das ist ein Gemeinschaftsprojekt, bei dem Bauhof, Friseursalon und ganz viele Ehrenamtliche Hand in Hand arbeiten. Und der örtliche Schoko-Laden dem Ganzen mit einer "Ver-führung aus dem Serail“ (aus weißer Schokolade, Dattelpüree, Granatapfel, Mandel, Pistazie und Zimt) die Krone, vielmehr den Turban aufsetzt.
Aufführungen:
16. September, 19.00 Uhr
18. September, 19.00 Uhr
20. September, 19.00 Uhr