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SWEET SPOT.

Neugierig auf Musik

CD des Monats: Dezember Federspiel: Smaragd

"Der Wein steigt in das Gehirn, macht es sinnig, schnell und erfinderisch, voll von feurigen und schönen Bildern." Wie der von Shakespeare beschriebene edle Tropfen steigt die neue Platte des österreichischen Bläser-Ensembles Federspiel zu Kopf - und berauscht den Hörer.

Federspiel | Bildquelle: Maria Frodl

Bildquelle: Maria Frodl

Die Blätter der Bäume am Fluss spiegeln sich in den schönsten Farben. Eine Eidechse sonnt sich zwischen den Rebstöcken in den letzten warmen Strahlen, die sich über die Berggipfel kämpfen. Es ist das Weinbaugebiet in Niederösterreich, die Wachau. "Ein Bild von einer Region" haben sie gesagt. Sie sollten Recht behalten. Noch ein kleiner Schluck Riesling, zurücklehnen und die Augen schließen. Die Musik beginnt. Keine Be-rieselung, sondern Erleben. Doch bevor die Versuchung das Tanzbein zu schwingen immer größer wird, überkommt einen die Wehmut. Die Blechbläserklänge sind so vielfältig und zugleich so organisch. Unvorhersehbar und doch liebevoll vertraut. Mein lieber William, hier hättest Du Dich wohlgefühlt!

Hommage an das Leben ...und leben lassen

Federspiel: Smaragd | Bildquelle: col legno Bildquelle: col legno Sieben Blasinstrumente – sieben junge Männer – sieben lachende Gesichter. Federspiel, die Verkörperung der Innovation der traditionellen Blasmusikszene aus der Wachau. Klassische Weine erhalten dort das Prädikat Federspiel. Besonders wertvolle Weine werden als Smaragd tituliert; Namensgeber hierfür ist die Smaragdeidechse, die sich an der Donau sehr wohl zu fühlen scheint. Das aktuelle Album der musikalischen Weinkenner trägt ebendiesen Namen und die grüne Echse auf dem Cover.

"Avsked" heißt der erste Titel. Das ist schwedisch und bedeutet Abschied. Ein Abschied als Opener einer CD, passt das? Eine Antwort erübrigt sich, verfolgt man die aufkeimende Abenteuerlust des Stückes. Das feine Zusammenspiel der Blasinstrumente gepaart mit rhythmischer Leichtigkeit versetzt in Aufbruchsstimmung. Nach dem melancholischen "Cadenzarium" wird man mit "Basszus Trombitás" in eine tanzende, an Mariachi erinnernde Welt getragen. Es folgen die von Klang- und Spielexperimenten geprägten "15/8" und "Lovingli", die in der Minimalistik beziehungsweise der Sprache des Liebeslieds verwurzelt sind.

Ihre Musik ist akustischer Lebkuchen, lustvoll oral, eng verbunden mit essen, trinken, küssen, atmen, leben.
Franzobel, österreichischer Schriftsteller

"Die melancholische Ballerina" hält eine besondere Kombination parat. Das Bläserseptett wird mit einer Spieluhr ergänzt. Dafür entstand in mühevoller Arbeit ein vier Meter langer Spielstreifen mit 633 (!) gestanzten Löchern. Die Spieluhr veranschaulicht die Drehbewegungen der Tänzerin.

Neben Eigenkompositionen der Ensemblemitglieder unterstreichen Arrangements traditioneller Tänze und Dudler (eine Jodelart) die musikalischen und biographischen Wurzeln von Federspiel. Der "Apfelbauern Dudler" erklingt originalgetreu a cappella und ja, selbst das können die Burschen! Den Abschluss der CD bildet ein "Innviertler", der mit seinem ungeraden Takt und den Gstanzl vielleicht an den ein oder anderen schrägen Moment nach einem Fluchtachterl zu viel erinnert.

Konzerttipp

17.12.16 | 20 Uhr     Klosterkirche Rebdorf (Eichstätt)
04.08.17                    Schloss Nymphenburg (München)

"Smaragd, weil auf dem Album lauter kleine Edelsteine sind, die wir zu einem Ganzen zusammengefügt haben und präsentieren", so beschreibt Federspiel ihr viertes Album seit der Gründung 2004. In der Tat ist jedes Musikstück ein kleiner Diamant für die Ohren. Endlich wieder eine Blasmusik-CD, die man richtig gerne anhört. Ohne Frage eine Prädikats-CD besonderer Reife und Lesart. Zum Wohl!

CD-Info

Smaragd
Federspiel

Frédéric Alvarado-Dupuy | Klarinette, Gesang, Komposition
Simon Zöchbauer | Trompete, Flügelhorn, Zither, Gesang, Komposition
Philip Haas | Trompete, Flügelhorn, Gesang
Ayac Iuan Jiménez-Salvador | Trompete, Flügelhorn, Gesang
Matthias Werner | Posaune, Gesang, Komposition
Thomas Winalek | Posaune, Basstrompete, Gesang
Roland Eitzinger | Tuba

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