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Aberglaube im Theater Bloß nicht pfeifen!

Einen Glücks-Cent in der Tasche haben, einen Schornsteinfeger anfassen oder niemals unter Leitern hindurchgehen: Es gibt allerlei Aberglauben. Besonders stark ist dieses Phänomen im Theater. Nicht einmal "Danke" darf man sagen.

Eine scwarze Katze im Theater | Bildquelle: picture-alliance/dpa; colourbox.com; Montage: BR

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"Was sagt man dann?" – "Danke." So werden viele Kinder erzogen. Sich bedanken ist höflich und gehört sich eben. Wer allerdings so wohlerzogen ins Theater geht, wird mir bösen Blicken bestraft: Hier kann ein "Danke" schon zum Rauswurf führen. "Man wünscht sich nicht 'Viel Glück'", sagt Josef E. Köpplinger, der Intendant des Gärtnerplatztheaters. "Stattdessen sagt man 'Toitoitoi'. Und dafür darf man sich dann auf keinen Fall bedanken". Manche Künstler sagen stattdessen "Ich nehme es mit" oder ähnliches. Das ist typischer Theater-Aberglauben – und nur eines von vielen Beispielen.

Ebenfalls sollte man nicht mit eigenem Mantel oder Hut über die Bühne gehen. Und man darf dort auch nie essen oder trinken. Und noch wichtiger: Niemals pfeifen! "Da gibt es zwei mögliche Begründungen", sagt Köpplinger. "Früher mussten sich die Bühnenarbeiter im Schnürboden mit Pfiffen verständigen. Und wenn jemand unten gepfiffen hat, hätte das fatale Folgen haben können, weil etwas ausgelöst wird." Die andere mögliche Erklärung: Die früher üblichen Gaslaternen pfiffen, wenn Gas ausströmte – ein Warnsignal, dass nicht missbraucht werden sollte.

Der Aberglauben schlimmster ist, den seinen für den erträglicheren zu halten.
aus: Nathan der Weise, Gotthold Ephraim Lessing

Das Stück, dessen Namen nicht genannt werden darf

"Ich habe die schmerzliche Erfahrung in Schottland gemacht, dass ich gesagt habe: 'Willkommen zum Konzeptionsgespräch von Macbeth.' Das war als ganz junger Regisseur mein halbes Todesurteil", erzählt Köpplinger. Denn Shakespeares Stück über den verfluchten König darf dort nur "The Scottish Play" genannt werden – angeblich, weil der Darsteller von Lady Macbeth vor der Uraufführung verstarb. In Italien darf dagegen Verdis "La forza del destino" nicht beim Namen genannt werden.

10 verbreitete Theaterrituale

1. Nicht auf der Bühne pfeifen
2. Nicht "Viel Glück" wünschen, sondern "Toitoitoi!"
3. Sich dazu dreimal über die Schulter spucken
4. Nicht "Danke" darauf antworten
5. Wer "Viel Glück" wünscht: Aus dem Theater raus, dreimal im Kreis drehen und ein Lied singen
6. Nicht den eigenen Hut oder Mantel auf der Bühne tragen
7. Nicht auf der Bühne essen
8. Nicht "Macbeth" sagen
9. Dreimal über die Schulter spucken
10. Das letzte Wort eines Stückes erst bei der Premiere sagen

Das alles sind Rituale, die nicht nur Unglück verhindern sollen, sondern auch für einen Gemeinschaftssinn sorgen: Insider wissen, wie sie sich verhalten sollten. Dazu kommen individuelle Bräuche mancher Schauspieler und Opernsänger, ein besonderes Maskottchen, ein Glücks-Kleidungsstück oder ein Pech-Tier. Johann Nestroy soll etwa auf dem Weg ins Theater vor schwarzen Katzen Angst gehabt haben. Sind Schauspieler also abergläubischer als andere? "Das Theater ist ein Ort, der Geschichten widerspiegelt, die uns alle betreffen", sagt Köpplinger. "Das ist eine eigene Welt, die großartig ist, weil sie so vielschichtig ist und alles aufzeigt - auch den Aberglauben."

Sendung: Leporello am 10. Januar 2020 ab 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

Das Musik-Feature

Mehr zum Thema Theater-Aberglaube können Sie im Musik-Feature "Dreimal spucken..." auf BR-KLASSIK erfahren:
Freitag, 10. Januar ab 19.05 Uhr
Samstag, 11. Januar ab 14.05 Uhr

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