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Buchtipp - Bernd Feuchtner "Die Oper des 20. Jahrhunderts in 100 Meisterwerken"

Nur ein Bruchteil der Opern des 20. Jahrhunderts schaffte es langfristig auf die Spielpläne. Schade, findet der Musikjournalist und ehemalige Operndirektor Bernd Feuchtner. Er hat jetzt in einem Buch hundert Meisterwerke zusammengestellt, die Opernfans kennen sollten.

Buch-Cover "Die Oper des 20. Jahrhunderts in 100 Meisterwerken" von Bernd Feuchner | Bildquelle: Wolke Verlag

Bildquelle: Wolke Verlag

Buchtipp zum Anhören

Bernd Feuchtner: "Die Oper des 20. Jahrhunderts in 100 Meisterwerken"

Zitat aus dem Buch

"Die Musik der Oper strahlt und funkelt in lauterstem Dur und Moll, in Plastik und Chrom, als hätte es niemals die Neue Musik gegeben, als sei überhaupt die Ästhetik der Moderne ein toter Hund. Die deutschen Musiksnobs mochten das nicht. Doch in der Kunst kommt es immer anders."

John Adams Oper "Nixon in China", uraufgeführt 1987 in Houston, Texas, war ein Sensationserfolg in den USA. In Deutschland dagegen rümpften viele die Nase. Was sollte diese neue Einfachheit in der Musik, und was sollte Realpolitik auf der Opernbühne? Bernd Feuchtner sieht in dem Werk eine gelungene Synthese von Foto-Realismus und dessen künstlerischer Auflösung in lebendige Bühnenfiguren.

Mut zum Unbekannten!

Feuchtner bedauert die noch immer verbreitete Reserviertheit gegenüber Opern des 20. Jahrhunderts, die nicht zum gängigen Werke-Kanon gehören. Diese Verengung des Repertoires an den Opernhäusern, die Mutlosigkeit von Intendanten, auch unbekannte, aber dennoch spannende Werke aufs Programm zu setzen, haben den renommierten Musikjournalisten und ehemaligen Operndirektor dazu veranlasst, das Opernschaffen des 20. Jahrhunderts einmal genau in den Blick zu nehmen.

KURZ UND BÜNDIG

Dieses Buch wird lieben, wer … 
... neugierig ist.

Dieses Buch liest man am besten … 
... wenn man ein bisschen Zeit hat.

Dieses Buch ist wie geschaffen für … 
.... Opernfans, die wissen, dass es neben und nach Richard Strauss auch noch andere Opernkomponisten gab.

Werkauswahl mit Überraschungen

Feuchtners persönliche Best-of-Liste erhebt keinen Anspruch auf eine wie auch immer geartete Objektivität, sie ist Ergebnis seiner jahrzehntelangen Beschäftigung mit dem Genre Oper – als Kritiker wie als Operndirektor. Dementsprechend ist der Titel von Feuchtners Buch auch nicht "Die besten Opern des 20. Jahrhunderts", sondern "Die Oper des 20. Jahrhunderts in 100 Meisterwerken". Geordnet sind die Werke nach Jahren. Für jedes Jahr eine Oper und von jedem Komponisten durfte nur ein Werk ins Buch. Manches Erwartbare hat da keinen Platz. Dafür gibt es ein paar Überraschungen:

Enrique Granados | Bildquelle: picture-alliance/dpa Enrique Granados überraschte 1916 mit seiner Oper "Goyescas" | Bildquelle: picture-alliance/dpa Etwa "Rothschilds Geige" des Schostakowitsch-Schülers Benjamin Fleischmann, die Don-Juan-Version von Erwin Schulhoff mit dem Titel "Flammen" oder "Goyescas" von Enrique Granados – eine Oper, bei der zuerst die Musik da war und dann der Text hinzu kam, die aber dennoch zu einem beeindruckenden geschlossenen Ganzen wurde und 1916 an der Metropolitan Opera New York ihre triumphale Uraufführung erlebte. Gerade diese vergessenen bis völlig unbekannten Opernentdeckungen sind es, denen Feuchtners besonderes Augenmerk und Leidenschaft gilt.

Zitat aus dem Buch

"Indem Granados sich auf alte spanische Modelle wie Tonadilla, Fandango, Jota bezog, ließ er den Geist von Goyas Zeit wiederaufleben – Goyescas war nicht nur bildlich eine Reflexion über die spanische Vergangenheit, sondern brachte auch musikalisch Versunkenes zutage, wenn auch verklärt durch den romantischen Blick."

Lebendig geschrieben, inhaltlich fundiert

Die hundert Essays sind allesamt für einen Opernführer überaus lebendig, ja geradezu spritzig geschrieben. Auch mit ganz persönlichen Ansichten und Einsichten hält Feuchtner nicht hinter dem Berg, was das Buch umso sympathischer macht. Gleichzeitig sind die Texte sehr fundiert und kenntnisreich sowie mit vielen Bezügen zur Kunst- und Kulturgeschichte versehen. Ein Kurz-und-Bündig-Opernführer ist Feuchtners 700-Seiten-Buch nicht. Man sollte also ein wenig Zeit mitbringen – dafür wird man aber als Opernfan mit vielen neuen Inspirationen belohnt.

INFORMATIONEN ZUM BUCH

Bernd Feuchtner: "Die Oper des 20. Jahrhunderts in 100 Meisterwerken"
Wolke Verlag
688 Seiten
Preis: 39,80 Euro (gebundene Ausgabe)

Sendung: "Allegro" am 1. Oktober 2020 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK.

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