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Album der Woche – Georg Friedrich Händel und William Croft Coronation Anthems

Am 6. Mai wird er gekrönt – und König Charles III. freut sich nicht nur am Pomp. Auch musikalisch soll, wie es in England Tradition ist, nur das allerbeste aufgeboten werden. Und da legt Charles großen Wert drauf, schließlich liebt er klassische Musik. Ganz wie seine Vorgänger in früheren Jahrhunderten! Wie es bei der Krönung von König George II. im Jahre 1727 klang, kann man jetzt erleben auf einem neuen Album mit "Coronation Anthems" von Georg Friedrich Händel.

CD-Cover Coronation Anthems | Bildquelle: harmonia mundi

Bildquelle: harmonia mundi

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Ganz ohne Hofintrige ging es nicht ab. Eigentlich hätte dem höchstrangigen Hofkomponisten, einem gewissen Maurice Greene, die Ehre gebührt, Musik für den Krönungsgottesdienst von George II. zu verfertigen. Doch seine Majestät war nun mal ein glühender Händel-Fan. Und so erteilte der neue König seinem Starkomponisten huldvoll den Auftrag, gleich vier neue Werke für den feierlichen Gottesdienst zu komponieren. Und was Georg Friedrich Händel, pardon: George Frideric Handel für die Krönung am 11. Oktober 1727 lieferte, wurde fortan zum Standardrepertoire britischer Thronerhebungen.

Kurz und bündig

Dieses Album beweist …
… dass Monarchien wenigstens ästhetisch gewisse Vorzüge haben – oder hatten.

Dieses Album hört man besten …
… bei einer Tasse Earl Grey Tea.

Dieses Album kann auch Republikanern Freude bereiten, …
… weil hier klangprächtig, stilsicher und auch in verinnerlichten Abschnitten sehr ausdrucksvoll musiziert wird.

Vorbild für die Hymne der Champions League

"Zadok, the priest" heißt die berühmteste der vier Coronation Anthems, die Händel zu diesem Anlass komponierte. So groß war die Wirkung dieser unglaublich effektvollen Musik, dass auch Georges Nachfolgerinnen und Nachfolger nicht auf diese wahrhaft royalen Klänge verzichten wollten. Und so ist es ziemlich wahrscheinlich, dass auch Charles III. dieses Stück am Tag seiner Krönung zu hören bekommen wird, mit ihm ein Millionenpublikum in aller Welt. Wobei das bis zuletzt spannend bleibt: Lange Zeit hat der Buckingham Palace bewusst nur einzelne Werke angekündigt, andere geheim gehalten, um die Neugier auf das offizielle Pre-Coronation-Concert und den anschließenden Krönungsgottesdienst in der Westminster Abbey möglichst groß zu halten. Die meisten Menschen allerdings assoziieren diese Klänge vermutlich ohnehin nicht mit dem seltenen Anlass einer Krönung, sondern eher mit der Königsklasse des Fußballs. Der Eingangschor von Händels "Zadok, the priest" ist nämlich unüberhörbar das Vorbild für die Hymne der Champions League.

William Croft, Organist von Westminster Abbey

Dass seine Musik, leicht abgewandelt, einmal Fußball-Liveübertragungen ankündigen würde, hätte Händel zweifellos mehr überrascht als die Tatsache, dass seine Coronation Anthems auch nach knapp 300 Jahren noch ihren ursprünglichen Zweck erfüllen. Dabei hatte Händel durchaus beachtliche Konkurrenz, wie eine Krönungshymne seines Komponistenkollegen William Croft belegt, die ebenfalls auf diesem absolut hörenswerten neuen Album vom RIAS Kammerchor und der Akademie für Alte Musik Berlin eingespielt wurde. Croft, der schon in jungen Jahren den schönen Titel „Gentleman extraordinary of the Chapel“ erhielt und vom König zum Organisten von Westminster Abbey ernannt wurde, schrieb seine Coronation Anthem für die Krönung von George I. am 20. Oktober 1714.

Musik, die Macht ausdrückt – und Macht ausübt

Ihre Pracht überwältigt bis heute, wenn sie so stilsicher und glanzvoll gespielt und gesungen wird wie von der Akademie für Alte Musik und dem RIAS-Kammerchor. Der junge englische Dirigent Justin Doyle, Chefdirigent des RIAS-Kammerchors, war selbst Chorknabe in London wie einst William Croft – allerdings nicht in Westminster Abbey, sondern in Westminster Cathedral.

Das Beste an diesem Album ist natürlich, dass es auch überzeugten Republikanern Freude bereiten kann – nicht zuletzt in den ruhigen, verinnerlichten Abschnitten, mit denen Händel dramaturgisch meisterhaft Kontraste setzt. „Let mercy and truth go before thy face“ – nicht nur Macht schildert diese Musik, sie ermahnt die Mächtigen auch zu Mitleid und Wahrhaftigkeit. Und das ist heute so nötig wie im Jahr 1727.

Albuminfos

Werke von  Georg Friedrich Händel, John Blow und William Croft

RIAS Kammerchor
Akademie für Alte Musik Berlin
Leitung: Justin Doyle

Label: harmonia mundi

Sendung: "Piazza" am 6. Mai 2023 ab 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (1)

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Dienstag, 09.Mai, 18:02 Uhr

Victoria M.

Händel Coronation Anthems

Eine großartige CD, auch fernab der aktuellen Krönung. Brilliante Stücke, erstklassig dargeboten von den großartigen Musikern. Eine wunderbar Klanglichkeit, die Intensität über Pomp setzt. Kann ich nur empfehlen!

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