Er liebt die Einsamkeit und die Stille. Das Plätschern des Wassers, das Zwitschern der Vögel, das Zirpen der Grillen. Ein abgelegener Stausee in den Vogesen, umgeben von Wäldern, ohne Handyempfang - in diesem Paradies komponiert Alexandre Danilevski. Der Sohn eines Kapitäns und einer Pianistin, 1957 in Sankt Petersburg geboren, hat schon als Kind entdeckt: Der beste Platz, einem Klavier zuzuhören, ist direkt unter dem Konzertflügel seiner Mutter. Seither lauscht Alexandre Danilevski den Klängen nach. Sie weisen ihm den Weg ins Innere.
Bildquelle: Centaur
CD-Tipp 17.11.2016
Der CD-Tipp zum Anhören!
Ein Einzelgänger - das ist der rauschebärtige Pfeifenraucher vor allem musikalisch. Alexandre Danilevski gehört keiner Schule an. Den rüde modernen Stil seiner einstigen Lehrerin Galina Ustwolskaja teilt er nicht - wohl aber deren Kompromisslosigkeit. Unbeirrt von Moden und Dogmen sucht er seinen eigenen Weg. Als Wegweiser für seine Inspiration taugen Modelle der Quantenphysik ebenso wie Tolkiens "Herr der Ringe" oder - im Fall der vorliegenden CD - Schriften des Zen-Buddhismus.
"Suche und du wirst nicht finden", "Schau mit geschlossenen Augen", "Das torlose Tor": solch paradoxe Formulierungen stehen über den 13 Sätzen aus Danilevskis Zyklus "Fragments of Consciousness". Es sind Koans, Denkfiguren aus dem Zen, die mit dem Verstand nicht auflösbar sind. Auf den ersten Blick scheinen sie sinnlos oder banal, aber bei intensiver Betrachtung führen sie zu tieferer Einsicht in das Wesen der Welt. Auch Danilevskis Musik wirkt mit ihren tonalen Floskeln, ihrem sparsamen Material, ihren sich wiederholenden Gesten zunächst simpel - doch je mehr man zuhört, desto rätselhafter erscheint sie. Wie ein schwindelerregender Strudel zieht sie uns hinein in immer tiefere Dimensionen unserer Existenz.
Die Sänger des Ensembles Syntagma sind mit der klingenden Philosophie von Alexandre Danilevski bestens vertraut: Als studierter Lautenist hat er das Originalklangensemble vor vielen Jahren gegründet und mit ihm schon zahlreiche Expeditionen auch in die ferne Welt des Mittelalters unternommen. Die Instrumentalisten des Freiburger Ensemble Surplus dagegen bekamen die Noten erst während der Aufnahme überreicht. Ihr Vom-Blatt-Spiel verleiht der Interpretation trotz der scheinbaren Einfachheit der Musik eine ungeahnte Spannung und Intensität. Eigentlich, hat Danilevski gesagt, würde er ja am liebsten wie ein einsamer japanischer Mönch musizieren: bloß für sich, ohne jeden Zuhörer. Doch so leid es mir tut: Bei dieser außergewöhnlichen CD wäre es jammerschade, wenn dieser Wunsch in Erfüllung ginge.
Alexandre Danilevski:
One moon, many reflections
Go back the way you came
Seek and you shall not find
Gateless gate
Look with closed eyes
Right & Left
Yügen
Prior to language
Without a reason
DI-DA-DU-DA
Words and leaves
Unnamed
The empty mirror
Ensemble Syntagma
Ensemble Surplus
Label: Centaur