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CD - Barocke Solokantaten von Giovanni Lorenzo Lulier Ohrenschmaus für Fürsten und Kardinäle

Vor knapp 350 Jahren war er sehr in Mode, heute ist er fast vergessen: Giovanni Lorenzo Lulier komponierte für die intellektuelle Elite Roms. Eine neue CD zeigt, dass seine Werke seither nichts von ihrer Anmut verloren haben.

CD-Cover: Giovanni Lorenzo Lulier - Kantaten und Sonaten | Bildquelle: © Alpha Classics

Bildquelle: © Alpha Classics

Der CD-Tipp zum Nachhören

Rom um das Jahr 1690. Ein prachtvoller Saal im Palast des Kardinals Pietro Ottoboni. Vornehme Herren sitzen beisammen: Adelige, Gelehrte und natürlich Geistliche. Sie diskutieren über Philosophie, Wissenschaft, die Schönen Künste. Und sie hören Musik. Nicht irgendeine Musik freilich, sondern die besten Werke, die Komponisten im Dienst der Aristokratie und der Kirchenfürsten soeben speziell für die elitären Zusammenkünfte geschrieben haben. "Conversazioni" nannte man diese noblen Soiréen. Sie waren nicht nur Podium für die prominentesten Interpreten, sondern auch Orte der Stilbildung sowie strenges Gericht über Aufstieg oder Untergang von Komponisten und Musikern.

Einer von denen, die ihren künstlerischen Erfolg diesen "Conversazioni" verdankten, war Giovanni Lorenzo Lulier. Über sein Leben wissen wir heute so gut wie gar nichts mehr. Nur einige wenige seiner Werke haben die vergangenen 300 Jahre überlebt, schlummern noch in Archiven oder werden auf CD neu entdeckt. So gerade von der Accademia Ottoboni unter der Leitung von Marco Ceccato, die vier wunderschöne Solokantaten für Sopran und Basso continuo aus der Feder Luliers eingespielt hat.

Delikate, kostbare Juwelen

Keine pompös auftrumpfenden Werke sind das, sondern kleine, äußerst delikate, kostbare Juwelen. Sie passten in die elitäre Abgeschlossenheit jener intellektuellen Soiréen, für die sie geschrieben wurden, erfordern intime Räume und aufmerksame Ohren. Denn stilistisch steht hier nicht der große Effekt im Mittelpunkt, sondern die Raffinesse in Form und Klang. Zudem wurden seinerzeit Hörer vorausgesetzt, die mit der anspruchsvollen Wahl der Themen und Texte vertraut waren: Da gibt es etwa einen philosophischen Dialog zwischen Venus und Amor, oder die Schilderung der letzten Minuten im Leben der verlassenen Dido, die mit fast marmorner Gefasstheit in den Tod geht.

Wahrscheinlich hat der berühmte päpstliche Kastrat Andrea Adami die Kantaten vor den Gästen des Kardinals Ottoboni gesungen. In seine Rolle schlüpft auf der CD die Sopranistin Francesca Boncompagni. Engelhaft und mit schlackenloser Stimmkultur haucht sie ihrem Part neues Leben ein.

Fantasie-Reise ins barocke Rom

Hier geht es einzig um Gedanken und Gefühle, die durch den Klang der menschlichen Stimme Seele und Gestalt gewinnen. Francesca Boncompagni meistert diese schwierige Übung in Zurückhaltung und Uneitelkeit souverän und mit Perfektion. Eine CD, nobel wie ein erlesenes kleines Gemälde und bestens geeignet für einen stillen Winterabend und eine Fantasie-Reise ins barocke Rom.

Giovanni Lorenzo Lulier - Kantaten und Sonaten

Francesca Boncompagni, Sopran
Accademia Ottoboni
Marco Ceccato, Cello und Leitung
Teresa Ceccato, Violine
Anna Fontano, Cembalo
Francesco Romano, Theorbe und Gitarre
Label: Alpha Classics

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 9. Dezember 2018, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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