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CD - Arthur Honegger Symphonien Nr. 2 und 3

Noch bis zum Sommer 2016 ist Stéphane Denève Chefdirigent beim Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR – dann läuft sein Vertrag aus. Deutliche Worte über seine Stuttgarter Ära findet der 44-jährige Franzose in der aktuellen Saison-Broschüre: "Eine künstlerische Zusammenarbeit, die unglücklicherweise zu früh endet aufgrund der Fusion der beiden SWR-Orchester, die ich immer missbilligt habe." Auf was für einem hohen Niveau sich das Orchester unter Denève bewegt, dokumentiert diese aktuelle CD-Produktion.

Stéphane Denève dirigiert Honegger | Bildquelle: SWRmusic

Bildquelle: SWRmusic

CD-Tipp 02.12.2015

Der CD-Tipp zum Nachhören!

"Ich wollte in diesem Werk die Auflehnung des modernen Menschen gegen die Flut der Barbarei, der Dummheit, des Leidens, des Maschinimus, der Bürokratie symbolisieren, die uns seit einigen Jahren bestürmt."
Schrille Dissonanzen gleich zu Beginn seiner dritten Symphonie bekräftigen dieses Bekenntnis Arthur Honeggers, der als Sohn Schweizer Eltern in Frankreich geboren wurde. Im besetzten Paris schrieb er sich 1945 seinen Schmerz von der Seele, der in seiner "Liturgique" beklemmenden Ausdruck findet. "Liturgische Symphonie" nannte Honegger seine Dritte, die mit einem grellen "Dies irae" beginnt. Herzstück der dreisätzigen Symphonie ist ein düsteres Adagio, gemäß dem biblischen Psalmvers "De profundis clamavi" ein Schrei aus der Tiefe – für Honegger ein "Gebet ohne Hoffnung".  Erst ganz am Ende darf der Friedenswunsch im "Dona nobis pacem" als ferne Vision aufscheinen. Stéphane Denève arbeitet mit dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR den unerbittlich marschierenden Duktus und die heftigen Pulsationen in diesem abgrunddüsteren Stück markant heraus.

Schlusschoral mit Trompete

Das gilt auch für die vier Jahre früher entstandene, ausschließlich für Streicher konzipierte zweite Symphonie Honeggers, die allerdings mit dem Einsatz einer Solo-Trompete am Ende Licht ins Dunkel bringt. Der Schlusschoral, den die Trompete anstimmt, verweist auf die maßgebliche Bezugsgröße Honeggers: Johann Sebastian Bach.
Zurück in das unbeschwerte Paris der Zwanziger Jahre führen Honeggers "Mouvements symphoniques". Diese symphonischen Sätze sind raffinierte Bewegungsstudien, die auch ohne ihren programmatischen Hintergrund fesseln. In "Rugby" zum Beispiel diente der Sport als Inspirationsquelle: Da ließ sich Honneger von den taktischen Winkelzügen eines Rugby-Matches zu Strawinsky-haft vertrackten Rhythmen animieren.

Unwiderstehliche Zugkraft

Rhythmische Energie und federnder Drive zeichnen Denèves Honegger-Interpretationen aus. Mit nie nachlassender Spannung animiert er seine Musiker zu fahlen Streichergesängen und grandiosen Steigerungswellen, ohne in Sprödigkeit oder Pathos zu verfallen. Die orchestrale Brillanz der Stuttgarter Musiker kommt vor allem dem Paradestück Honeggers zugute, seiner weltberühmten Hommage an die Lokomotive vom Typ "Pacific 231". Absolut unwiderstehlich ist die Zugkraft dieser genialen Orchester-Etüde in Polyphonie und Tempo, die am Ende doch wieder in einen hymnischen Choral mündet – in "Pacific 231" steckt eben mehr als nur Technik-Faszination.

Arthur Honegger: Orchesterwerke

Symphonie Nr. 3 "Liturgique"
Symphonie Nr. 2 für Streichorchester und Trompete
"Rugby", Mouvement symphonique Nr. 2
"Pacific 231", Mouvement symphonique Nr. 1
Thomas Hannes (Trompete)
Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR
Leitung: Stéphane Denève
Label: SWRmusic

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