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Album der Woche – Lisa Batiashvili "Secret Love Letters"

Lisa Batiashvili und Yannick Nézet-Séguin – die Stargeigerin und der Pultstar sind ein eingespieltes Team. Beide in ihren Vierzigern, haben die Georgierin und der Frankokanadier schon mehrere Aufnahmen zusammen gemacht. Und ihre erfolgreiche Zusammenarbeit Anfang des Jahres in Philadelphia fortgesetzt, wo Nézet-Séguin das weltberühmte Orchester der Stadt leitet. Ihr neues Album mit dem Titel "Secret Love Letters" ist gerade bei der Deutschen Grammophon erschienen und bietet spätromantische Violinkonzerte von Ernest Chausson und Karol Szymanowski.

CD-Cover: Lisa Batiashvili – "Secret Love Letters" | Bildquelle: Deutsche Grammophon

Bildquelle: Deutsche Grammophon

Der CD-Tipp zum Anhören

Die Violinsonate des Belgiers César Franck: wenn auch kein Liebesbrief, so doch ein Hochzeitsgeschenk für seinen Landsmann, den berühmten Geiger Eugène Ysaÿe. Mit ihr eröffnet Lisa Batiashvili ihr poetisches Album "Secret Love Letters". Und ihr gelingt – zusammen mit dem jungen, exzellenten Pianisten Giorgi Gigashvili – eine Interpretation wie aus einem Guss: leidenschaftlich, melancholisch, traumverloren. Ihr schlanker, nobler Geigenton passt wunderbar zu dem impressionistisch angehauchten Stück. Und kommt auch den beiden konzertanten Werken dieses Albums zugute.

Violin-Kantilenen aus mystischen Urgründen

Wie Francks Violinsonate entstand auch das "Poème" von Ernest Chausson für den Geiger Ysaÿe: allerdings nicht als Hochzeitsgeschenk, sondern als Freundschaftsdienst. Aus mystischen Urgründen schrauben sich erlesene Violin-Kantilenen in die Höhe, die Lisa Batiashvili mit ihrem delikaten Geigenspiel immer geschmackvoll gestaltet – fern von Kitsch und Effekthascherei. Fast unhörbar schält sich die Solostimme auch zu Beginn des Ersten Violinkonzerts von Karol Szymanowski aus dem flirrenden Orchesterteppich heraus.

Kurz und bündig

Dieses Album wird lieben, wer …
… sich gern mal sehnsuchtsvollen, süffigen und traumverlorenen Klängen hingibt.

Dieses Album lohnt sich, weil …
… es außer den beiden spätromantischen Orchesterwerken noch eine großartige Aufnahme der Violinsonate von César Franck bietet.

Dieses Album ist ein Hörgenuss, weil …
… der dynamisch weiträumig gestaffelte Klang der CD auch die feinsten Verästelungen dieser schillernden Musik ausleuchtet.

Dieses Album hört man am besten …
… in einer schwülen Sommernacht bei einem Glas Rotwein.

Der erotisch aufgeladene Duft des Orients

In ständig wechselnden Episoden kreieren der Franzose Chausson und der Pole Szymanowski immer neue Stimmungen. Beide Komponisten katapultieren den Solopart mit Vorliebe in die höchsten Regionen – kein Problem für eine Virtuosin wie Lisa Batiashvili. In seinem schönheitstrunkenen Violinkonzert beschwört Szymanowski nicht nur den Zauber der Nacht und den erotisch aufgeladenen Duft des Orients, er zitiert auch archaisch stampfende Rhythmen aus der polnischen Folklore.

Die Balance ist immer gewahrt

In ekstatischen Momenten lässt Yannick Nézet-Séguin sein Philadelphia Orchestra in exquisiten Farben schwelgen. Aber immer wahrt er die Balance mit seiner Solistin, die auch zu großer Emphase fähig ist.

Liebeserklärung an die Traumwelt der Spätromantiker

Lisa Batiashvilis hinreißendes Album "Secret Love Letters" ist eine Liebeserklärung an die Traumwelt der Spätromantiker geworden. Allein ihre rhapsodisch freie, rundum brillante Interpretation der César Franck-Sonate zeigt, dass sie eine der Besten ihres Fachs ist.

Infos zur CD

César Franck:
Violinsonate A-Dur
Karol Szymanowski:
Violinkonzert Nr. 1 op. 35
Ernest Chausson:
"Poème" für Violine und Orchester Es-Dur op. 25
Claude Debussy / Jascha Heifetz:
"Beau soir" für Violine und Klavier

Lisa Batiashvili (Violine)
Giorgi Gigashvili (Klavier – Franck)
Yannick Nézet-Séguin (Klavier – Debussy)
The Philadelphia Orchestra
Leitung: Yannick Nézet-Séguin

Label: Deutsche Grammophon

Sendung: "Piazza" am 20. August 2022 ab 08:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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