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Neugierig auf Musik

SWEET SPOT TV - mit Lisa Batiashvili Zwischen Tiefgang und Schönheit

Als Zweijährige nimmt sie die Geige das erste Mal in die Hand, mit 16 zeigt sie der Musikwelt wo es langgeht – als jüngste Teilnehmerin erspielt sie sich beim renommierten Sibelius-Wettbewerb den 2. Preis. Heute gehört Lisa Batiashvili zur Welt-Elite im Geigenhimmel. Dabei ist die gebürtige Georgierin kein Klassik-Freak im Elfenbein-Turm, sondern sagt auch in Sachen Tagespolitik lautstark ihre Meinung.

SWEET SPOT mit Lisa Batiashvili | Bildquelle: Alescha Birkenholz

Bildquelle: Alescha Birkenholz

SWEET SPOT | 03.04.2018

Lisa Batiashvili

Das Orchester sitzt schon bereit, das Publikum wird langsam ungeduldig. Alle warten gespannt auf die Solistin. Und dann kommt sie auf die Bühne. Ausladendes Kleid, tobender Applaus. Sie atmet tief durch, die Musiker beginnen mit dem Vorspiel - und dann bricht bei der Geigerin die blanke Panik aus: Dieses Violinkonzert, das das Orchester gerade angestimmt hat, hatte sie noch nie zuvor gespielt.

Diesen Musiker-Alptraum träumt Lisa Batiashvili immer wieder. Etwas schlimmeres, als unvorbereitet auf die Bühne zu gehen, könnte der Geigerin kaum passieren. Denn Lisa ist bekennende Perfektionistin. Seit ihrer Kindheit strebt sie eine Karriere als Geigerin an - zielgerichtet und fleißig. Ein gradliniger Werdegang wie aus dem Bilderbuch? Nicht ganz.

Drei Tage und drei Nächte - so lang dauert die Überfahrt von Lisa Batiashvili und ihrer Familie von Georgien nach Deutschland. Gleich in der ersten Nacht werden die Batiashvilis ausgeraubt - das ganze mühsam angesparte Geld ist auf einmal weg. Doch die Flucht gelingt gerade rechtzeitig: Einen Tag später bricht in Georgien der Krieg aus - direkt vor ihrem Haus rollen die Panzer vor. Eine extreme Zeit für die damals elfjährige Lisa. "Es war wie in einem Film," sagt sie heute.

Die geliebte Heimat verlassen, ohne zu wissen, wann und ob man überhaupt zurückkehrt - diese Erfahrung hat Lisa stark geprägt. Während gleichaltrige Teenager in ihrer neuen Heimat Deutschland wilde Partys feiern und ihre Eltern in den Wahnsinn treiben, hat Lisa immer diesen großen Schritt vor Augen, den ihre Familie gewagt hat - um ihr eine bessere Zukunft zu ermöglichen. "Dagegen wollte ich natürlich nicht rebellieren, sondern habe versucht mich ranzuhalten". Und sie hält sich ran: übt, studiert bei den besten Lehrern, 1995 kommt dann der Durchbruch, als Lisa Batiashvili als jüngste Teilnehmerin in der Geschichte des Internationalen Jean-Sibelius-Geigenwettbewerbs den zweiten Preis gewinnt. Danach hagelt es Konzert- und Interviewanfragen.

Lisa Batiashvili beherrscht das ideale Verhältnis zwischen musikalischem Tiefgang und der Schönheit des Klangs.
Yannick Nézet-Séguin

Heute gehört Lisa zu den meistgefragtesten Solistinnen der Welt. Sie spielt auf den größten Bühnen, kann sich ihre musikalischen Partner aussuchen, gerade hat sie ihre neue CD "Visions of Prokofiev" zusammen mit dem Dirigenten Yannick Nézet-Séguin aufgenommen. Lisa lebt mit ihrer Familie in München, hier - in Deutschland, in Europa - fühlt sie sich zu Hause. Doch die Heimat ihrer Kindheit bleibt für immer Georgien. "Zu Georgien habe ich immer noch eine sehr starke emotionale Bindung - und auch irgendwie das Gefühl, Georgien ein bisschen beschützen und verteidigen zu müssen, denn es ist ein sehr fragiles Land," sagt die 38-Jährige.

Furchtlos äußert sich Lisa immer wieder auch zu anderen politischen Themen. Sie positionierte sich klar im Ukraine-Konflikt und trat auf dem Maidan in Kiew auf. Auch zu der aktuellen Flüchtlingsdebatte hat die gebürtige Georgierin eine klare Meinung. "Ich denke, die Menschen müssen sich von beiden Seiten Mühe geben. Sowohl derjenige, der ankommt, als auch derjenige, der den Gast empfängt. Dadurch, dass ich selbst als Gast gekommen bin, kann ich einfacher darüber sprechen, wie ich mich gefühlt habe und wie wichtig ich es fand, mich so schnell wie möglich zu integrieren."

Neu im BR Fernsehen: SWEET SPOT

Sweet Spot, das ist im akustischen Sinne der Platz in einem Raum, an dem der Klang am besten ist. SWEET SPOT, das ist auch das junge Klassik-Magazin des Bayerischen Rundfunks, die junge Sicht auf Klassik im Radio, im BR Fernsehen und im Netz: trendy, unverschämt, überraschend und humorvoll. Hier treffen sich junge Musiker aus Klassik und Jazz, Stars und solche, die es noch werden wollen, kreative Köpfe, musikalische Querdenker und alle, die die Musikwelt neu denken – ob Tubisten, Schlagzeugerinnen, Streichquartette, Big Bands oder Kammerorchester. SWEET SPOT entdeckt originelle Klänge, Musiktrends und die Künstler von morgen. Willkommen im Wohnzimmer der jungen Klassikszene!

SWEET SPOT mit Lisa Batiashvili - Sendetermine und weitere Links

Mittwoch, 4. April, 0:00 Uhr im BR Fernsehen und als Preview ab 18:00 Uhr in der BR Mediathek
Wiederholung: Sonntag, 8. April, 9:45 Uhr im BR Fernsehen

Moderation: Annekatrin Hentschel

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