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Acces Music In Africa Treffen der afrikanischen Musikbranche in Tansania

Vernetzung und politisches Gehör, darum geht es bei der Initiative "Music In Africa". Alle 54 afrikanischen Staaten sind dabei, um sich so für die afrikanische Musikbranche einzusetzen. Einmal jährlich lädt "Music In Africa" dafür zur "Acces"-Konferenz. Austragungsort war 2022 Tansania. Mit Konzerten, Diskussionen oder einem Trainingsprogramm für junge Frauen.

Die Singer-Songwriterin Joyce Babatunde bei Acces Music in Africa 2022. | Bildquelle: Jozey Photography

Bildquelle: Jozey Photography

Jubel und Begeisterung unterm Nachthimmel in Dar-es-Salaam in Tansania. Endlich ist es wieder möglich, sich persönlich zu begegnen, direkt miteinander zu reden, Live-Acts von über ein Dutzend Bands aus Süd-, Ost-, und Westafrika zu erleben. Dass es die mehrtägige Acces nun nach Tansania geschafft hat, ist für alle Beteiligten ein Riesengrund zu Freude. Zumal diese, nach ihrer Ausgabe 2019 in Ghana, 2020 coronabedingt ausfallen musste. Im vergangenen Jahr war dann nur eine ausgedünnte Ausgabe im südafrikanischen Johannesburg im Schatten der Omikron-Welle möglich. Der erste Erfolg 2022: mehr öffentliche Aufmerksamkeit. "Jetzt werden wir auch von Regierungen wahrgenommen", findet Maimouna Dembélé aus dem Senegal, Vorständin der Music In Africa Foundation. Denn die Acces in Dar-es-Salaam hat das tansanische Kunst- und Kulturministerium massiv unterstützt. Mehr und mehr staatliche Behörden auf dem ganzen Kontinent interessieren sich für die Arbeit von Music In Africa. "Das ist einfach großartig", sagt Dembélé.

Herzstück der zahlreichen Workshops: ein Trainingsprogramm für junge Frauen

In den zahlreichen thematisch breit aufgefächerten Panels und Workshops ging es um Urheberrecht im Digitalen, um Strategien für die afrikanische Musikindustrie und auch um geschickteres Künstlermanagement. Herzstück dabei: das Trainingsprogramm für junge Frauen "gender@work", das Carine Tredgold aus Simbabwe seit 2019 leitet: "Ich glaube, es ist absolut essentiell, dass wir weiter wachsen und die Musikindustrie backstage diverser wird. Viel zu lange war es ein Boysclub", erklärt Tredgold, doch wenn nun Frauen hinter der Bühne und in der Bühnentechnik arbeiteten, ändere das wirklich komplett die Dynamik und Arbeitsatmosphäre.

Forderung: Gleiche Karrierechancen und gleiche Gagen für Frauen

Dazu gehört auch, dass die knapp 20 Teilnehmer:innen aktiv das komplette Stage-Management für die drei Konzertabende übernehmen, davor ein einwöchiges Unterrichtsprogramm durchlaufen, um für ihre berufliche Zukunft das notwendige Rüstzeug vorweisen zu können. Gleiche Karrierechancen und gleiche Gagen, das lasse sich nun leichter einfordern, betont die 28-jährige Teilnehmerin Bridget Shumba aus Malawi, die eine solche Solidarität vorher nicht kannte: "Wir haben da als Frauen noch keine Vorbilder." Von Männern wurde sie gefragt, ob sie sich wirklich sicher sei, ob sie das machen wolle. Und wenn sie dann mal mitarbeiten durfte, wurde sie nicht dafür bezahlt, ihre männlichen Kollegen aber schon: "Das machte mich wütend. Und machtlos. Es fehlte die Community, um das Narrativ von Frauen in der Kunst zu ändern."

Ich habe da gar keinen Zweifel. Unsere Musikindustrie wächst, vor allem im Digitalen. Und sie wächst nicht linear, sondern exponentiell.
Arun Nagar

Dass die Acces von Jahr zu Jahr inhaltlich wie strukturell wächst und für den Musikmarkt an Bedeutung gewinnt, ist im "Julius Nyerere Convention Center" in Dar-es-Salaam an allen Ecken spürbar: Neben den Musiker:innen sind mehr afrikanische Player aus dem Bereich Streaming, digitale Vermarktung und Agenturen vor Ort. Sie alle nutzen die Konferenz als Drehscheibe, um über ihre Weiterentwicklung zu diskutieren – am liebsten erstmal so unabhängig wie möglich vom westlichen Musikmarkt, den man natürlich erreichen möchte, aber nicht in die postkoloniale Falle des Vereinnahmtwerdens tappen will. Selbstbewusst, ja stolz wird vom eigenen musikalischen Potenzial geschwärmt, das die miesen Zeiten der Coronapandemie besser überstanden hat. Den Umgang mit Krisen sei man in Afrika gewohnt. Die Menschen seien einfach resilienter. Was ihnen jetzt zu Gute kommt, meint auch Arun Nagar, Manager des Digitalanbieters "Ziiki Media" aus Südafrika: "Ich habe da gar keinen Zweifel. Unsere Musikindustrie wächst, vor allem im Digitalen. Und sie wächst nicht linear, sondern exponentiell." Covid habe zwar alles etwas ausgebremst. "Aber jetzt sind die Leute hungrig. 2023 wird ein brillantes Jahr für die afrikanische Musikindustrie, besonders in Ostafrika", schwärmt er.

Aufbruchsstimmung bei den Musikschaffenden – doch es gibt noch viel zu tun

Was kommt von all der starken Aufbruchsstimmung bei den Musikschaffenden an? Kaum jemand kann bis jetzt von den Auftritten leben. Urheberrechte verschwinden in der Grauzone. Verwertungsgesellschaften? Auch hier große Lücken. Das Touren ist immer noch extrem teuer und bürokratisch aufwendig, teilweise unmöglich. Trotzdem spricht hier in den tropischen Tagen und Nächten der Acces 2022 keiner mehr von Hoffnung und Träumen. Sondern von Möglichkeiten und Strategien. Es gibt viel zu tun. Und Jahr für Jahr geht es einen Schritt weiter. Darauf setzt auch der Hip-Hopper Dennis Maina aus Kenia: "Hier ist alles so vielfältig, jeder hat einen anderen Sound, seine eigene Identität." In die Öffentlichkeit treten und sich professionell vermarkten sei der beste Weg, "denn wir sind gut ausgebildet und wir finden Lösungen, unsere Arbeit noch besser zu machen."

Sendung: "Leporello" am 2. Dezember 2022, ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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