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Ailyn Pérez im Interview Im "Falstaff" brauchen alle das Zeug zur Titelpartie

Die Premiere von Verdis "Falstaff" geht im Nationaltheater ausschließlich als Geistervorführung über die Bühne, aber via Stream in alle Welt. Mit dabei ist auch die amerikanische Sopranistin Ailyn Pérez, die an der Bayerischen Staatsoper schon die Violetta in der "Traviata" gesungen hat und auch die Adina in "L'elisir d'amore". Jetzt singt sie hier im Falstaff die Alice Ford, eine Partie, die sie schon an der Met erprobt hat – und die es in sich hat.

Die Sopranistin Ailyn Pérez | Bildquelle: © Dario Acosta

Bildquelle: © Dario Acosta

BR-KLASSIK: Frau Pérez, was ist das für eine Frau, diese Alice Ford?

Ailyn Pérez: Mamma mia! Sie ist wie eine explosive Dame mit viel Instinkt: nicht sehr klug, aber manipulativ. Und das macht sie sehr, sehr schön. Diese Rolle zu spielen, gefällt mir sehr. Außerdem gibt es in dieser Oper auch noch wichtige Figuren wie Mrs. Meg Page oder Mrs. Quickly. "Falstaff" ist ein großes Werk von Verdi, das ein sehr starkes Ensemble braucht – auch schauspielerisch.

BR-KLASSIK: Aber gibt's eine Möglichkeit, dass Alice Ford den dicken, etwas plumpen Falstaff nehmen würde, wenn er sich etwas geschickter anstellen würde?

Ailyn Pérez: Er ist so unglaublich selbstbewusst. Und wenn er dann diese schöne Phrasen singt, passiert etwas – besonders wenn da jemand mit einer Präsenz und Ausstrahlung wie der eines Wolfgang Kochs auf die Bühne kommt ... Einfach alle Personen haben hier ein so tiefes, intensive Profil. Dieser "Falstaff" ist so lecker zu spielen (lacht).

BR-KLASSIK: Was sind denn die stimmlichen Herausforderungen?

Ailyn Pérez: Ich habe nicht so viel zu singen, vielleicht drei Phrasen, die sehr schön sind. Und sie gehen so schnell vorbei. Aber man muss tief drinnen sein in dieser Rolle, um auch den Text auszudrücken und zu spielen.

BR-KLASSIK: Sie hatten schon gesagt, dass das Ensemble sehr wichtig ist. Es gibt eigentlich keine wirklichen Hauptrollen wie oft in anderen Verdi-Opern. Nicht einmal die Figur des Falstaff sticht besonders heraus.

Ailyn Pérez: Das ist sehr wichtig. In dieser Oper sollen quasi alle das Zeug zur Titelpartie haben. Bei dieser Produktion sind zum Beispiel Judit Kutasi mit dabei und Wolfgang Koch, beide große Wagnersänger. Für den "Falstaff" braucht man ein Ensemble von Spitzensänger*innen, auch weil das Orchester so groß ist, da muss die Stimme einfach passen.

BR-KLASSIK: Jetzt werden Sie ja für kein Publikum im Saal singen, sondern für ein Publikum an den Streaming-Endgeräten. Wie erwarten Sie, dass das sein wird, so eine Premiere ohne Publikum?

Ailyn Pérez: Darüber darf ich gar nicht viel nachdenken, weil das wirklich ganz traurig ist. Und wir wissen, dass unser Spiel sehr minimal ausfallen muss. Das ist schwer, aber auch eine Kunst. Und ich hoffe, dass ich diese Lust am Spielen transportieren kann, und dass das auf der anderen Seite auch ankommt! 

Sendung: "Allegro" am 2. Dezember 2020 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK und Videostream aus dem Nationaltheater am 3. Dezember 2020 ab 20:00 Uhr

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