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Dirigentin Alondra de la Parra "Das Scheitern hat mich unheimlich motiviert"

Frauen am Dirigentenpult sind selten - immer noch. Aber auf die wenigen, die es gibt, schaut das Publikum besonders genau. Die gebürtige Mexikanerin Alondra de la Parra, die mittlerweile in New York wohnt, probt derzeit mit den Bamberger Symphonikern Werke von Schostakowitsch und Tschaikowsky. Warum damit für sie ein Traum in Erfüllung geht, verrät die 36-Jährige im Interview mit BR-KLASSIK.

Dirigentin Alondra de la Parra | Bildquelle: © Cicero Rodrigues

Bildquelle: © Cicero Rodrigues

Das Interview zum Anhören

BR-KLASSIK: Dirigentinnen gibt es - trotz Emanzipation - nach wie vor vergleichsweise selten. Warum?

Alondra de la Parra: lch glaube, das liegt daran, dass dieser Beruf über viele Jahrzehnte hinweg immer nur von Männern ausgeübt wurde. So wie jede Führungsposition in der Geschichte. Jetzt leben wir aber in einer ganz anderen Welt. Ich konnte mich in meiner Generation ganz frei entfalten - ohne Probleme. Die Dinge verändern sich. Ich denke, dass der Mangel an Dirigentinnen auch darauf zurückzuführen ist, dass nur wenige Frauen dirigieren wollen. Es sind immer noch hauptsächlich Männer, die damit beginnen. Natürlich gibt es für Frauen auch nicht so viele Chancen.

BR-KLASSIK: Eigentlich gelten Frauen ja auch als Meisterinnen des Multitasking. Damit bringen Sie eine wichtige Voraussetzung fürs Dirigieren mit.

Dirigentin Alondra de la Parra | Bildquelle: © Oscar Turco Bildquelle: © Oscar Turco Alondra de la Parra: Damit haben Sie einen ganz wichtigen Punkt angesprochen. Es ist das erste Mal, dass das jemand in einem Interview erwähnt. Das freut mich, denn klar - das macht einen großen Teil des Dirigierens aus: die Fähigkeit  zum Multitasking, zum Zeitmanagement, zum Führen von Menschen. Auch auf musikalischer Ebene muss man an drei Stellen zugleich sein. Man muss bedenken, was gerade passiert ist, was im Moment passiert und was gleich passieren wird. Man muss in diesen drei Zeitzonen zugleich leben. Man muss alle Instrumente zur selben Zeit im Blick haben. Frauen können genau das sehr gut. Was nicht heißt, dass Männer das nicht können. Denn wir tragen ja alle das Weibliche und das Männliche in uns. Wenn man die größten Dirigenten - allesamt Männer - genauer betrachtet, stellt man fest, dass bei ihnen die feminine Seite sehr präsent ist. Sie wussten ihre weiblichen Eigenschaften sehr gut zu nutzen.

BR-KLASSIK: Vor zehn Jahren haben Sie in Bamberg an einem Dirigierwettbewerb teilgenommen und sind nicht in die Finalrunde gekommen. Inzwischen haben Sie Karriere gemacht und haben großen Erfolg. Wie ist es für Sie, nach Bamberg zurückzukommen?

Alondra de la Parra: Das ist etwas ganz Besonderes. Ich kann mich noch so gut an die Zeit vor zehn Jahren erinnern. Ich habe mich damals wirklich sehr intensiv auf diesen Mahler-Wettbewerb vorbereitet. Es war so toll, in diese wunderschöne Stadt zu kommen, dieses fantastische Orchester mit anderen Dirigenten zu hören und dann schließlich selbst vor dem Orchester stehen zu können. Ich weiß noch gut, wie aufgewühlt und aufgeregt ich war, und dass ich unbedingt noch öfter mit den Musikern arbeiten wollte: Bei einem Wettbewerb weiß man ja nie, warum die Entscheidung so oder so ausfällt, was man falsch gemacht hat - oder was die Jury erwartet hat.

Alondra de la Parra dirigiert die Bamberger Symphoniker

Donnerstag, 9. März 2017, 19.30 Uhr - Theater Schweinfurt
Freitag, 10. März 2017, 19.30 Uhr - Theater Schweinfurt
Sonntag, 12. März 2017, 17.00 Uhr - Konzerthalle Bamberg
Solisten des Abends: Gautier Capuçon (Violoncello) und Christoph Eß (Horn)

PROGRAMM: Olivier Messiaen - "Appel interstellaire" für Horn Solo; Dmitri Schostakowitsch - Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 1 Es-Dur op. 107; Emily Howard "sphere" für Orchester, Uraufführung einer Zugabe; Piotr I. Tschaikowsky - Symphonie Nr. 5 e-moll op. 64

Wie Sie schon sagten, habe ich das Finale nicht erreicht. Aber der Klang dieses Orchesters war in meinen Ohren und in meinem Gedächtnis gespeichert. Ich habe die Schönheit und die Akustik des Konzertsaals nicht vergessen und immer davon geträumt, eines Tages mit dem Orchester arbeiten zu dürfen. Aber ganz ehrlich, ich habe eigentlich nicht daran geglaubt. Das habe ich den Musikern gestern auch gesagt. Das ist eine große Ehre für mich. Ich wünschte, dass die Alondra von vor zehn Jahren mit mir zusammen auf dem Podium stünde.

BR-KLASSIK: Und das Orchester - wie begegnet es Ihnen? Wie haben die Musiker darauf reagiert, als Sie sie daran erinnerten, dass Sie vor zehn Jahren schon einmal dort waren?

Dirigentin Alondra de la Parra | Bildquelle: © Leonardo Manzo Bildquelle: © Leonardo Manzo Alondra de la Parra: Sie haben gelächelt und waren sehr nett. Ihnen gefiel die Geschichte. Einige haben sich auch an mich erinnert. Es ist wichtig zu verstehen, worum es bei Wettbewerben geht. Geht es nur ums Gewinnen oder auch um die Vorbereitung und die daraus gewonnene Erfahrung? Für mich war es ganz bestimmt das Letztere. Denn die Vorbereitungszeit und das Scheitern haben mich erst dazu gebracht, immer noch intensiver zu studieren und zu versuchen, mein Bestes zu geben. Es hat mich unglaublich motiviert. Bei solchen Wettbewerben sollte man nicht immer nur auf die Gewinner schauen. Auch alle anderen Teilnehmer profitieren davon. Ich auf jeden Fall.

BR-KLASSIK: Heute ist Weltfrauentag. In Italien schenkt man den Frauen einen Strauß mit Mimosen. In Deutschland eher nicht - vielleicht eher ein Lächeln. Und in Mexiko - spielt da der Weltfrauentag irgendeine Rolle?

Alondra de la Parra: Ich habe vom Orchester heute Schokolade bekommen. Das war nett. In Mexiko wird es groß gefeiert. Es gibt viele Aktionen. Alle reden über ihre Mütter, ihre Töchter, über alle Frauen, die sie kennen. In Mexiko werden Frauen heute auf jeden Fall gefeiert.

Das Gespräch führte Sylvia Schreiber für BR-KLASSIK.

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Donnerstag, 09.März, 16:58 Uhr

Juan Gerardo OLIVA-SALINAS

Über die Dirigentin Alondra de la Parra

Als Mexikaner und Liebhaber der klassischen Musik, fühle Ich mich sehr glücklich und stolz auf den Erfolg der Dirigentin Alondra de la Parra. Sie ist eine sehr schöne Frau, von innen und außen gesehen. Sie hat eine große Fähigkeit, sowohl Mexikanische als auch internationale Musik zu leiten. Ich studierte und lebte acht Jahre in Deutschland und ich kenne die Standards des deutschen Volkes, so bewundere Ich mehr, dass Alondra de la Parra die Bamberg Symphoniker dirigieren wird. Meine herzlichsten Glückwünsche .

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