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Dominique Horwitz inszeniert "Ariadne auf Naxos" in Würzburg "Singen ist absoluter Hochleistungssport"

"Ariadne auf Naxos" war die dritte gemeinsame Arbeit von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal – ein Werk, das zwischen Schauspiel und Oper changiert. Gerade dieser Aspekt reizt den Regisseur, Schauspieler, Romanautor und Chansonnier Dominique Horwitz für sein Debüt beim Mainfrankentheater Würzburg. Zur Seite steht ihm dabei der Dramaturg Berthold Warnecke.

Dominique Horwitz Sänger, Schauspieler, Schriftsteller | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Das Interview zum Anhören

BR-KLASSIK: Wenn man so eine Oper in Angriff nimmt, dann hat man es mit einer verrückten Gemengelage aus Schauspiel und Musik zu tun. Genau das thematisiert auch die "Ariadne": Es gibt die unterschiedlichsten Stellungnahmen und Fronten. Wo liegen denn da Ihre Sympathien, Herr Horwitz?

Dominique Horwitz: Für mich sind die gerecht verteilt. Auf der einen Seite haben wir die ernste Oper, die "Opera seria", auf der anderen Seite steht die "Opera buffa" – und ich kann jede Partei verstehen.

BR-KLASSIK: Herr Warnecke, es stand ja zunächst sogar die Idee im Raum, das Schauspiel mit einzubeziehen – zwischen Hofmannsthal und Strauss. Sie spielen jedoch die bekannte Opernfassung. Gibt es denn irgendetwas, das Sie an der anderen Fassung gereizt hätte: an diesem verrückten Versuch, Sprechtheater und Oper unter einen Hut zu bringen?

Berthold Warnecke: Also der Versuch hätte mich auf jeden Fall gereizt. Ich habe auch mit Dominique Horwitz und dem Intendanten Markus Trabusch darüber gesprochen. Aber das große Problem – und das wurde ja letztlich auch schon 1912 offenbar – ist, beide Ensembles zusammenzubringen. Und an einem Mehrspartenhaus ist das natürlich extrem schwierig, allein schon die Koordination. Deswegen kam das letztlich allein aus dispositionellen Gründen nicht infrage.

Dominique Horwitz: Es ist uns aber gelungen, aus dem ersten Teil ein richtiges Theaterstück zu machen.

BR-KLASSIK: Es wird dann hoffentlich nicht nur diese Operngestik geben, wo man an der Rampe steht und "absingt". Das ist die Angstvision, die jeder Schauspiel-Regisseur von der Oper hat. Herr Horwitz, wie geht es Ihnen denn mit dieser traditionellen Art, Oper zu inszenieren – und wie sehr weichen Sie davon ab?

Dominique Horwitz Sänger, Schauspieler, Schriftsteller | Bildquelle: picture-alliance/dpa Dominique Horwitz | Bildquelle: picture-alliance/dpa Dominique Horwitz: Es gibt, wie gesagt, zwei Teile. Im ersten Teil geht es um den großen Konflikt beider Kunstformen: Die Opern- und die Komödiantentruppe, die beide überhaupt gar keine Lust aufeinander haben und die sich teilweise sogar verachten, müssen miteinander klarkommen. Da wird sehr realistisch gespielt und da wird miteinander gespielt – das ist die Theaterwelt. Und ich habe in diesem ersten Teil, so hoffe ich zumindest, ziemlich gut Theater inszeniert. Man sieht Schauspieler und keine Sänger auf der Bühne. Der zweite Teil ist fürs Publikum gedacht. Dieser neureiche Herr, der reichste Mann Wiens, macht diese Veranstaltung für seine geladenen Gäste: ein erlauchtes Publikum, das unterhalten werden will. Das ist natürlich viel direkter und konkreter auf das Publikum gemünzt. Also nicht an der Rampe stehen und irgendwelche Töne hinausblöken (lacht).

Über die Jahre habe ich bemerkt, dass ich als Schauspieler wie ein Musiker funktioniere.
Dominique Horwitz

BR-KLASSIK: Herr Horwitz, Sie sind Regisseur, ursprünglich Schauspieler, außerdem sind Sie Romanautor und Chansonnier – sozusagen ein wandelndes Gesamtkunstwerk. Wie vertragen sich denn diese verschiedenen Rollen in sich selbst? Ist da der Regisseur in Ihnen immer einer Meinung mit dem Schauspieler? Und was sagt der Sänger zu den beiden?

Dominique Horwitz: Diese verschiedenen Seiten von mir bedingen sich geradezu. Als ich anfing, ernsthaft Musik zu machen, habe ich über die Jahre bemerkt, dass ich als Schauspieler wie ein Musiker funktioniere. Als Regisseur merke ich: Ich funktioniere wie ein Schauspieler und Musiker gleichzeitig. Alle Seiten bedingen sich gegenseitig und ergänzen sich auf wunderbare Weise. Für mich ist es ein großes Glück und eine große Bereicherung, dass ich die verschiedenen Medien selbst ausübe.

BR-KLASSIK: Aber es gibt ja doch einen großen Unterschied: Der Schauspieler ist in gewisser Weise Herr über die Zeit, er kann seinen Text dehnen und auch Pausen halten, so lange er möchte. Aber über den Zeitablauf in der Oper herrscht der Dirigent ...  

Dominique Horwitz: Zumeist – aber nicht bei uns (lacht). Ich habe das große Glück, ein ganz tolles Einvernehmen mit dem Würzburger GMD Enrico Calesso zu haben. Mit Bedacht wollten wir nicht, dass die Oper einfach wie ein großer unaufhaltsamer Fluss hindurchfließt. Wir wollten dem Theater den Platz geben, den es verdient. Und diesen Weg macht er mit großer Freude mit.

BR-KLASSIK: Es gibt demnach also Eingriffe in die Partitur?

Dominique Horwitz: Nein, nur was Zeiten anbelangt. Manchmal haben wir die Tempi etwas geändert oder kleine Pausen gesetzt – eben, weil die Szene danach schreit.

Man singt besser, wenn man tatsächlich mehr denkt – und dadurch auch mehr spielt.
Dominique Horwitz

BR-KLASSIK: Wie arbeiten Sie mit den Sängern? Als Schauspieler mag man es ja nicht unbedingt, wenn man die Dinge zu sehr vorgekaut bekommt. Machen Sie konkrete Vorgaben oder schildern sie einfach nur die Situation und die Emotionen?

Dominique Horwitz: Ich mache beides. Ich profitiere von den Einfällen der Sänger, die wirklich sehr viel anbieten. Auf der anderen Seite gehe ich natürlich viel intensiver vom Text aus, als Sänger dies tun. Kein Mensch kann sich vorstellen, was Sänger körperlich leisten. Singen ist absoluter Hochleistungssport. Dass die Seele, die Gedanken und das Herz mehr auf Seiten der Musik sind, das liegt in der Natur der Sache. Ich bin einfach nur als Korrektiv da und sage beispielsweise: Nur, weil die Melodie nach oben geht, ist in diesem Halbsatz nicht die letzte Silbe die wichtigste, sondern meinethalben genau der tiefste Ton, also die erste Silbe. Also sieh zu, dass du das zum Ausdruck bringst. Und alle merken, dass gedachtes und gefühltes Singen großen Einfluss auf die Qualität des Singens hat. Man singt besser, wenn man tatsächlich mehr denkt – und dadurch auch mehr spielt.

Richard Strauss: "Ariadne auf Naxos" in Würzburg

Mainfrankentheater Würzburg
Premiere: Samstag, 26. Januar, 19:30 Uhr

Musikalische Leitung: Enrico Calesso
Regie: Dominique Horwitz
Dramaturgie: Berthold Warnecke

Mit Silke Evers, Daniel Fiolka, Mathew Habib, Daniel Magdal, Marzia Marzo, Roberto Ortiz, Ilia Papandreou, Kosma Ranuer, Barbara Schöller, Yong Bae Shin, Igor Tsarkov, Akiho Tsujii, Taiyu Uchiyama u. a.

Mehr Informationen zu Terminen und Vorverkauf finden Sie auf der Homepage des Theaters.

Sendung: Leporello am 21. Januar 2019 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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